Herbstliche Metaphernparade
Wenn man so mit Teechen und Spekulatius (gebt es doch zu – Ihr esst ihn auch schon!) am Laptop sitzt, den aktuellen Wochenrückblick für Theapolis tippen soll und dabei in den herbstlichen Garten hinausschaut, kommen einem schon mal schicke Ideen. Wie wäre es zum Beispiel mit einer ordentlichen Metaphernparade zum Thema Herbst? Ist doch eh so eine schöne Jahreszeit, der Herbst, mit den – aus unerfindlichen, aber scheinbar gewichtigen Gründen – das Haus füllenden Kastanien und der bunten Plastikdeko in der Fußgängerzone. Also dann mal warm anziehen! Denn wie die bunten Blätter von den Bäumen kommen die aktuellen News zum Wochenende hereingeweht. Da hat sich schon wieder ein ordentlicher Laubhaufen an Neuigkeiten angesammelt, den es jetzt schön sauber mit dem Rechen zu sammeln gilt. Dabei werden wir wieder einmal auf einige Kunststoff-Halloween-Skelette im Keller stoßen, den aufwallenden Nebel über düsteren Geheimnissen zerstreuen und mit der Martinslaterne Licht ins Dunkel der Bühnenwelt bringen... Und damit ist mein Metaphernbedarf für dieses Finanzjahr erfolgreich aufgebraucht.
Herbstliche Kahlschläge
Apropos Finanzen: Lasst uns bitte mal wieder über das leidige Thema sprechen, denn schließlich bedrohen die geplanten Kürzungen im Bundeshaushalt und auf Länderebene das Kulturleben in Deutschland massiv. Daher hat die Plattform #BerlinIstKultur am 16. Oktober einen Aktionstag abgehalten, bei dem mit zahlreichen kreativen Aktionen auf Folgen der angedrohten Kürzungen im Berliner Kulturhaushalt hingewiesen wurde. Alle Beteiligten und Beiträge zu den Aktionen findet ihr auf der Website des Aktionsbündnisses.
Auch in Thüringen geht die Sorge vor Kürzungen um: Nach einem Bericht der Neuen Musikzeitung fürchtet der Theaterverband Thüringen in Folge der schwierigen Regierungsbildung und der dadurch verzögerten Haushaltsplanung um die Finanzierung der freien Szene. Dabei geht es um mindestens 340.000 €, die aktuell „ungewiss und nicht in Aussicht gestellt“ sind. Der Verband pocht daher auf baldige Zugeständnisse für eine nötige Planungssicherheit.
Ganzjahresbaustellen
In Krefeld wird es teuer: Die Sanierung des Stadttheaters wird etwa 154 Millionen Euro kosten, wie nun bei einer Bürgerversammlung bekanntgegeben wurde. Demnach soll das denkmalgeschützte Gebäude ab Juli 2027 drei Jahre lang umgebaut und umfassend modernisiert werden. Für diesen Zeitraum soll mit einem Theaterzelt eine alternative Spielstätte geschaffen werden. Generalintendant Michael Grosse erklärt den Sanierungsbedarf mit deutlichen Worten: „Wir müssen heute unter Bedingungen arbeiten, die sowohl hinsichtlich Arbeitsschutz als auch Komfort und vielen anderen Bedingungen mehr als grenzwertig sind.“
Auch das Theater an der Rott in Eggenfelden muss dringend saniert werden – aber das nötige Kleingeld in Höhe von 17,7 Millionen Euro fehlt. Nun hat die Passauer Neue Presse (Paywall) erfahren, dass ein dafür gestellter Antrag auf Bundesmittel aus dem Programm „KulturInvest“ abgelehnt wurde – sehr zur Enttäuschung des Landrats. So muss sich der Landkreis erneut auf die Suche nach den dringend benötigten Finanzmitteln machen.
In Ansbach bleiben die Lichter vorerst ganz aus: Nach einem Bericht des Franken Fernsehens wird das Große Haus des städtischen Theaters weiterhin geschlossen bleiben. Zusätzlich zu den akuten Problemen beim Brandschutz hat ein Gutachten nun auch Defizite bei der Entlüftung festgestellt. Nach aktuellem Stand wird das Große Haus erst 2026 wieder bespielt werden können.
...und andere Vorschlaghämmer
Wie Theapolis bereits berichtete, hatte die geplante Aufführung des Stückes „And Here I Come“ bei der euro-scene Leipzig für Aufruhr gesorgt. Der Inszenierung wird unter anderem Antisemitismus und die Verharmlosung einer Terrororganisation vorgeworfen. Nun hat die Festivalleitung die Reißleine gezogen: Einem Bericht des MDR zufolge wurde die Aufführung des palästinensischen Ein-Personen-Stücks abgesagt. Unter anderem beruft sich die euro-scene bei ihrer Entscheidung auf einen Ratsversammlungsbeschluss von 2019, nachdem städtische Kultureinrichtungen dazu verpflichtet sind, sich von jeglichen Boykottaufrufen gegenüber Israel zu distanzieren.
Die Absage hat nun weitere Folgen für das Programm des Festivals: Wie nachtkritik erfahren hat, verschiebt das deutsche Zentrum des Internationalen Theaterinstitus (ITI) seine öffentliche Jahrestagung. Ursprünglich sollte es bei der Tagung darum gehen, "die in Zeiten kultureller Kriegsertüchtigung verbleibenden Möglichkeitsräume von Künstler:innen […] für gewaltfreie und solidarische Völkerverständigung" zu diskutieren. Die öffentliche Verlagerung des diesjährigen Diskurses mache es „leider mittlerweile unmöglich, wie ursprünglich geplant, offene und vertrauensvolle Gespräche mit allen Teilnehmenden zu garantieren“. Das ITI plant nun lediglich die schon angesetzte Preisverleihung an die KULA Compagnie.
Neues im Fall Ripberger: Interims-GF gefunden, Termin vorm Arbeitsgericht steht
Es gibt Neuigkeiten in der Causa Dieter Ripberger, über die Theapolis kürzlich berichtete (zum Beispiel hier und hier) – auch wenn Ripbergers Name in der Pressemitteilung des Hessischen Wirtschafts- und Kulturministeriums kein einziges Mal fällt:
Jürgen Braasch übernimmt mit sofortiger Wirkung anstelle von Ripberger die Aufgaben des Geschäftsführenden Direktors am Staatstheater Kassel – allerdings nur interimsweise. Ripberger hatte im September völlig unerwartet und offenbar ohne Begründung vom Hessischen Ministerium die Kündigung erhalten, nachdem er seinen Posten erst im Februar dieses Jahres angetreten hatte.
Braasch unterbricht nun für dieses Amt seinen eigentlich schon angetretenen Ruhestand. Davor war er als Kaufmännischer Geschäftsführer der Staatstheater Hannover tätig gewesen, auch arbeitete er in Verwaltungspositionen in Bochum und Freiburg. Kunst- und Kulturminister Timon Gremmels (SPD) begründet die Entscheidung seines Ministeriums: „Mit seiner jahrzehntelangen Erfahrung ist er (Braasch) bestens geeignet, den Bau der Ersatzspielstätte des Theaters zu begleiten und den Umzug vorzubereiten. Ich hatte den Beschäftigten bei meinem Besuch im September versprochen, zeitnah einen erfahrenen Theater-Manager zu finden, bis die Stelle dauerhaft besetzt werden kann und Wort gehalten.“
Wort gehalten ja - Licht in das herbstliche Dunkel um Ripbergers überraschende Kündigung bringt dies allerdings nicht. Ripberger seinerseits hält ebenfalls Wort und klagt – wie angekündigt – gegen die seiner Ansicht nach rechtswidrige Freistellung. Der Verhandlungstermin vor dem Arbeitsgericht ist für den 11. November angesetzt. Hier soll die Angelegenheit erörtert und eine gütliche Einigung erreicht werden. Dieter Ripberger wiederholte Theapolis gegenüber lediglich seine Aussagen vom September, er freue sich auf seine Rückkehr ans Staatstheater Kassel.
Preisverdächtig
Das Deutsche Musikinformationszentrum miz hat die Gewinner der renommierten popNRW-Preise bekanntgegeben: Als erstplatzierte*r „Outstanding Artist“ wurde die queere Deutsch-Iranerin Mina Richmann ausgezeichnet, die in ihrer Musik die Suche nach Perspektiven und Lebensrichtungen verarbeitet. Den Preis als beste Newcomerin erhielt die aus Duisburg stammende Musikerin maïa, die sich im Indie-Pop-Genre austobt. Die jeweils zweiten Preise gingen an den Düsseldorfer Künstler Pablo Brooks und an die Kölner Post-Punk-Band SMILE.
18.000 Mitglieder des Berliner Theaterclubs haben wieder einmal abgestimmt und ihre Publikumslieblinge gewählt. Wie auf nachtkritik zu lesen war, wurden in diesem Jahr Katharine Mehrling und Boris Aljinović mit dem „Goldenen Vorhang“ ausgezeichnet. Mehrling überzeugte das Publikum besonders mit ihrem Auftritt in „Chicago“ an der Komischen Oper – für sie ist es bereits die achte Auszeichnung mit dem Preis des Theaterclubs. Aljinović punktete doppelt, nämlich sowohl für seine Darstellungen in „Onkel Wanja“ am Schlosspark-Theater als auch bei „Cluedo – Das Mörderspiel“ in der Komödie am Kurfürstendamm.
Abschied