Gestern Abend, am 31.03.2015, wurde bekannt, dass dem Intendanten des Volkstheaters Rostock Sewan Latchinian fristlos gekündigt wurde.
Der Hauptausschuss der Rostocker Bürgerschaft stimmte gestern in einer geschlossenen Sitzung mit 6 zu 5 Stimmen für die Entlassung des künstlerischen Geschäftsführers Sewan Latchinian und folgte damit dem Antrag des Oberbürgermeisters Roland Methling (parteilos).
Der Anlass für die fristlose Kündigung sei in erster Linie der Vergleich der Theaterpolitik Mecklenburg-Vorpommerns mit der Kulturzerstörung durch die Terrormiliz IS in Nahost. Diesen hatte Latchinian in seiner Rede bei einer Demonstration in Neutrelitz am 9.3.2015 gegen die dortigen Fusionspläne mit dem Theater Vorpommern gezogen. Laut FAZ sagte Latchinian dort: "Seit Wochen zerstören (...) IS-Schergen im Irak die jahrtausendealten Weltkulturerbestätten Nimrud und Kirkuk, aus religiösen Vorwänden. Und hier bei uns in Mecklenburg-Vorpommern - ich setze das nicht gleich, aber vergleichen muss man das schon - hat momentan im Namen des Geldes die Zerstörung funktionierender Theaterstrukturen begonnen.“
Latchinian hatte sich später für die Äußerung entschuldigt und erklärt, er wolle "vielmehr an die Verantwortung erinnern, behutsam mit dem Kulturerbe umzugehen."
Als weiterer Grund für die Kündigung wird ein Interview vom 27.02.2015 angegeben, welches in der Zeitschrift "Oper & Tanz" erschien. Darin versagt Latchinian den Spartenstreichungsplänen der Stadt Rostock und der Landesregierung (wir berichteten) klar die Unterstützung - so wie er es auch zuvor öffentlich getan hatte. Dies verstoße laut dem OB gegen "den Charakter des bis 2019 laufenden Vertrages". Methling kommentierte: "Ich bedauere, dass wir zu dieser Entscheidung gezwungen waren (...)Wir werden dafür Sorge tragen, dass das Volkstheater in sicherem Fahrwasser bleibt."
In eben jenem Interview wird auch der Minister für Bildung, Wissenschaft und Kultur in Mecklenburg-Vorpommern, Matthias Bordkorb (SPD), als treibende Kraft hinter den kulturpolitischen Entscheidungen und Kürzungsplänen (nicht nur) in Rostock benannt.
Der kaufmännische Geschäftsführer Stefan Rosinski, auch Partner im o.g. Interview und auf Latchinians Seite, übernehme nun interimsmäßig die Leitung des Theaters.
Gegen Sewan Latchinians Entlassung demonstrierten am Nachmittag ca. 500 Menschen, es folgte eine friedliche Besetzung des Rathauses durch gut 200 Personen.
Latchinian will nun auf Wiedereinstellung klagen. Wie Nachtkritik.de via twitter meldet, formiert sich außerdem aktuell bereits Widerstand in der Bürgerschaft selbst: Die Linke, Bündnis 90/Die Grünen sowie der Rostocker Bund/Graue beantragen eine Sondersitzung, um die Rechtmäßigkeit des Vorgehens zu überprüfen.
[Quellen:
http://www.ndr.dehttp://www.vdoper.dehttp://www.faz.nethttp://www.deutschlandradiokultur.de]