Na, Theater, altes Haus,
wie geht’s Dir? Was machst Du so, an Deinem ganz speziellen Tag? Zurückdenken an die „gute alte Zeit“, als Du in Griechenland zelebriert wurdest wie ein Dienst im heiligen Tempel und tausende von Menschen an Deinen Lippen hingen? An den Haudegen Shakespeare, der mit der Feder Deine Sprache wie einen Diamanten schliff? An Goethe, Schiller, Kleist, Ibsen... all Deine verflossenen Liebhaber, die Dir ihr Leben gewidmet haben?
Ja, und heute?
Sitzt Du da auf der durchgehockten Couch in der Garderobe und fragst Dich, wo Dein Publikum eigentlich geblieben ist? Ob es daran liegt, dass sie einen Neuen haben – diesen verdammten Herrn Streamingdienst mit seinen aufgemotzten Serienhighlights, wo man für das ganz große Drama die Wohnung nicht mal verlassen muss? Suchst Du nach deiner Bedeutung in einer Welt, in der Smartphone und K.I. vielen Menschen näher sind als eine hölzerne Guckkastenbühne mit ausgebleichtem Vorhang? Oder liegst Du schon am Boden, ausgeknockt von den Auswirkungen der Pandemie und vom Kürzungskahlschlag im Land der Dichter und Denker?
Heute am 27. März ist Welttheatertag, 1961 vom Internationalen Theaterinstitut (ITI) initiiert. Seitdem wird in jedem Jahr die Einzigartigkeit der Theaterkunst gefeiert, aber auch ihre Bedeutung in einer immer komplizierter werdenden Welt hinterfragt. Theodoros Terzopoulos, künstlerischer Leiter der Attis Theatre Company, empfiehlt in seiner Botschaft zum diesjährigen Welttheatertag:
„Wir brauchen neue Formen des Erzählens, die darauf abzielen, Erinnerung zu kultivieren und eine neue moralische und politische Verantwortung zu formen, um aus der vielgestaltigen Diktatur des gegenwärtigen Mittelalters herauszukommen.“
Der Deutsche Bühnenverein nutzt den heutigen Tag dafür, eine Lanze für die Kunstfreiheit zu brechen. In vielen europäischen Mitgliedsstaaten sei diese aktuell massiv bedroht, durch gezielte Budgetkürzungen, Entlassungen von künstlerischen Leiter*innen oder inhaltliche Zensur. Mit einem Brandbrief an das Europäische Parlament und der Petition RESISTANCE NOW: FREE CULTURE soll das Thema nun endlich auf den europapolitischen Verhandlungstisch gebracht werden.
Von einem „Happy Welttheatertag“ zu sprechen, wäre da vielleicht ein bisschen naiv. Aber, wie sagte einst Ödön von Horváth: „Das Theater als Kunstform kann nicht untergehen, aus dem einfachen Grunde, weil die Menschen es brauchen.“
Theater, altes Haus, wir brauchen Dich – vielleicht gerade mehr denn je zuvor!
Kulturlandretten – Proteste in Graz
Inzwischen mehrt sich auch in Österreich der Widerstand gegen drastische Sparmaßnahmen im Kulturbereich. Nach einem Bericht des Standard haben in Graz rund 2.500 Kulturschaffende und -interessierte friedlich gegen die Streichung von Kulturförderungen und die Neubesetzung des Kulturkuratoriums in der Steiermark demonstriert. Eine Sprechering der „Offensive gegen Rechts“: Wir demonstrieren, weil Blau-Schwarz spart ganz arg bei Kunst und Kulturszene. Das wollen wir uns nicht gefallen lassen.“
Gekommen, um zu bleiben - Die Personalia der Woche
Preisverdächtig
Das Internationale Theaterinstitut Deutschland hat die Regisseurin Marta Górnicka mit dem Preis des ITI 2025 ausgezeichnet. In ihrer aktuellen Inszenierung „Mothers – A Song For Wartime“ thematisiert ein Chor von belarussischen, polnischen und ukrainischen Frauen die Gewalt gegen Frauen und Kinder im Zusammenhang mit Krieg und Verfolgung. Aus der Begründung der Jury: „Mit ihrer Vision [...] gelingt es Marta Górnicka Menschen ins Zentrum ihrer Inszenierungen zu stellen, deren Stimmen sonst kaum öffentlich wahrgenommen werden." Górnicka gilt seit langem als Wiederentdeckerin des chorischen Theaters in Europa. Nun darf sie sich neben der Auszeichnung auch über in Preisgeld in Höhe von 3.000 Euro freuen.
Beim 62. Berliner Theatertreffen wurde diese Woch der 3sat-Preis vergeben, und zwar an die Regisseurin Anita Vulesica. Sie erhält die mit 10.000 Euro dotierte Trophäe für ihre Inszenierung „Die Maschine oder: Über allen Gipfeln ist Ruh“ am Deutschen Schauspielhaus Hamburg. Anita Vulesica ist Schauspielabsolventin der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch und arbeitet seit 2004 freischaffend an Theatern in ganz Deutschland. Wie die Tagesschau mitteilt, begründete die Jury ihre Entscheidung damit, dass in ihrer Regie „ein Abend aus tanzenden Silben, [...] über Macht und Widerstand und über das Schweigen als politische Kraft“ entstehe.
In Kärnten darf sich einer der besten Theaterautoren Österreichs über 15.000 Euro freuen: Ferdinand Schmalz wurde nach einem Bericht des Standard mit dem Gert-Jonke-Preis 2025 ausgezeichnet. Der Preis wird jährlich und wechselnd in den Kategorien Lyrik, Prosa und Dramatik vergeben. Literaturnobelpreisträgerin Elfriede Jelinek zeigte sich überaus zufrieden mit der Jury-Entscheidung: "[E]r ist ein großartiger Autor, er verdient es wirklich. Auch der Gert Jonke würde sich freuen [...]“
Große Ehre für Schauspielerin Gesine Cukrowski: Sie erhält für ihren besonderen Einsatz für die Rechte von Frauen und Mädchen das Bundesverdienstkreuz. Wie beim WDR zu erfahren war, engagiert sie sich in einer Stiftung, die schwangere Frauen betreut, welche anonym entbinden wollen. Außerdem setzt sie sich für Frauen in Uganda ein. Cukrowski ist vielen aus der ZDF-Krimiserie "Der letzte Zeuge" bekannt. Sie ist immer wieder in Kinofilmen, aber auch am Theater zu sehen.
Abschied