Wochenrückblick #19/22

Es ist kein Selbstläufer, das mit dem Theater und dem Publikum

Published on 7. May 2022

Wochenrückblick #19/22

Es ist kein Selbstläufer, das mit dem Theater und dem Publikum

Published on 7. May 2022

Im Wonnemonat Mai wird wieder auf Veranstaltungen gesetzt, das Berliner Theatertreffen eröffnet und in den Nachrichten hat der Krieg in der Ukraine die Corona-Meldungen nahezu ersetzt - mal dringt die Warnung vor einem im Herbst zu erwartenden Killervirus ans Ohr, aber dann verhallt der Lauterbachsche Ruf auch schon… Leben wir "nach" Corona?

Theater "nach" Corona

Natürlich kann von einem "nach" keine Rede sein, das Virus verschwindet ja nicht. Aber zunehmend stellen sich die Bühnen auf die hoffentlich endemische Phase ein. Viele Bühnen scheint das Motto "nicht kleckern, sondern klotzen" umzutreiben - das Saarländische Staatstheater plant 28 Premieren, das Staatstheater Mainz 30 Premieren. Das Nürnberger Staatstheater wirbt mit ebenso vielen Premieren und 40 Konzerten und verabschiedet damit auch Generalmusikdirektorin Joana Mallwitz, die letztes Jahr ihren Vertrag nicht verlängert hatte - und das Badische Staatstheater setzt auf eine Mischung von Auseinandersetzung und Eskapismus.

Eins ist überall zu bemerken: Es ist kein Selbstläufer, das mit dem Theater und dem Publikum. Kein Hineinströmen in die allzu lang verlassenen Säle, nirgends. Intendant Joachim Lux bemerkt hierzu: "Die Leute haben Angst und Sorge, halten ihr Geld zusammen, wissen nicht, wie es weiter geht." Vielleicht hilft am Hamburger Thalia ja die Rückkehr des Theatermagiers Wilson bei der Rückgewinnung des Publikums. Oder Aktionen wie die Einführung eines 9-Euro-Tickets.

Wir drücken die Daumen!

Verlängerungen

Intendant Johan Simons wird am Schauspielhaus Bochum um weitere drei Jahre verlängert. Seine Intendanz besteht seit 2018/2019. Mehr weiß Theater der Zeit.

Gleich um fünf Jahre verlängert wird der Intendant der Burghofbühne in Dinslaken Mirko Schombert, dessen Vertrag 2024 ausgelaufen wäre. Mehr dazu bei nachtkritik.

Neuanfänge

Jonas Zipf wird ab August 2022 Geschäftsführer von Kampnagel Hamburg. Der 39-jährige ist seit 2016 Werkleiter von JenaKultur. Zuvor war er in der Schauspieldirektion am Staatstheater Darmstadt, als Leitender Dramaturg/Künstlerischer Leiter und Gesellschafter am Theaterhaus Jena, sowie am Thalia Theater Hamburg und der Schaubühne Berlin tätig, informiert die Stadt Hamburg.

Der belgische Theaterregisseur Ivo van Hove übernimmt die Leitung der Ruhrtriennale. 2023 löst er turnusgemäß Barbara Frey ab. "Mit seinen internationalen Erfolgen und seiner langjährigen Erfahrung unter anderem als Leiter des größten Theaterensembles der Niederlande und Intendant eines renommierten Theaterfestivals ist Ivo van Hove ein großer Gewinn für die Ruhrtriennale und damit für die Kultur in Nordrhein-Westfalen insgesamt", freut sich die NRW- Kulturministerin Isabel Pfeiffer-Poensgen, ihres Zeichens Vorsitzende des Aufsichtsrats der Kultur Ruhr GmbH.

Die GDBA hat eine neue Leitung der Rechtsabteilung. Mareike Bahns hat passenderweise am 1. Mai, dem Tag der Arbeit, ihre Tätigkeit für die gewerkschaftliche Organisation der Bühnenangehörigen aufgenommen.

Das Bayerische Staatsballett bekommt einen neuen Chef: Laurent Hilaire. Der Franzose hatte nach dem Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine die Ballettdirektion am Moskauer Stanislawski- und Nemirowitsch-Dantschenko-Musiktheater niedergelegt. Hilaire gilt "als einer der brillantesten französischen Balletttänzer seiner Generation", so der Bayerische Rundfunk. In München wird er Nachfolger von Igor Zelensky, der ebenfalls mit Kriegsbeginn und offiziell aus familiären Gründen sein Amt niedergelegt hatte.

Weggänge

Der Ulmer Schauspieldirektor Jasper Brandis verlässt seine bisherige Wirkstätte, um nach fünf Jahren wieder frei zu arbeiten. Ihn reizten neue Impulse, so die Augsburger Allgemeine. Brandis wird dem Theater als freier Regisseur erhalten bleiben.

Preise

Der Schauspieler Ulrich Matthes ist mit dem Bundesverdienstkreuz 1. Klasse ausgezeichnet worden. Mehr über Frank Walter Steinmeiers Rede und darüber, wer überraschend auftauchte, im Tagesspiegel.

Der Tabori-Preis in Höhe von 25.000 Euro geht in diesem Jahr an das Performancekollektiv "Meine Damen und Herren". Mit den Tabori-Auszeichnungen werden die Regisseurin Simone Dede Ayivi und die Company "Overhead Project" geehrt. Erstmals wird in diesem Jahr außerdem eine internationale Ehrung verliehen - sie geht an die moldawische Künstlerin Nicoleta Esinencu, die damit für ihr Arbeiten mit dem Theaterkollektiv "teatru-spălătorie" ausgezeichnet wird. Die Auszeichnungen sind mit jeweils 15.000 Euro dotiert. Details hat Theater der Zeit.

Die Choreographen Marco Goecke und Christoph Winkler werden mit dem Deutschen Tanzpreis 2022 ausgezeichnet. Damit wird die Ehrung zum ersten Mal seit ihrem fast vierzigjährigen Bestehen geteilt. Die Künstler erhalten je 10.000 Euro. Ziel der Jury sei dabei "die enorme Vielfalt des Tanzes sowohl innerhalb der festen Ensembles an Theaterhäusern als auch in der freien Szene besser abzubilden." Darüber hinaus wird die 78-jährige Tänzerin, Choreographin und Regisseurin Reinhild Hoffmann für ihr Lebenswerk ausgezeichnet, der Verein Aktion Tanz für "herausragende Entwicklungen im Tanz", so der SWR.

Der Preis der Autorenstiftung geht in diesem Jahr an die Frauen des Simorgh-Theaters in Herat, Afghanistan "für ihre mutigen, beispielgebenden Theater- und Kunstaktionen", wie der Verlag der Autoren auf seiner Website mitteilt.

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