Wochenrückblick #05/21

Kastration in Köln, Inspiration in Memmingen

Published on 30. Jan 2021

Kastration/Portal des Berner M&uuml;nster&copy; Parpan05 <a href="https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Berner_M%C3%BCnster_Kastration.JPG#/media/File:Berner_M%C3%BCnster_Kastration.JPG" target="_blank" rel="noopener">CC BY-SA 3.0</a> © Kastration/Portal des Berner Münster© Parpan05 CC BY-SA 3.0 © Kastration/Portal des Berner Münster© Parpan05 CC BY-SA 3.0
Wochenrückblick #05/21

Kastration in Köln, Inspiration in Memmingen

Published on 30. Jan 2021

Wie die Junge Ulmer Bühne und das Landestheater Schwaben mitten in Corona inspirierende Wege gehen. Warum sich Frankfurts Opernintendant über Kastration an den Bühnen Köln aufregt. Und wer in Zukunft die Ernst Busch Schauspielschule leiten wird.

Das eine Thema

Kämpfen wir uns der Vollständigkeit halber zunächst schnell durch das nach wie vor eher deprimierende Lagebild: Die Theater sind nach wie vor geschlossen und bleiben das vorerst auch. Exemplarisch seien hier das Theater Ulm ("bis auf Weiteres", siehe ulm-news), das Theater Osnabrück (bis zum 31. März, siehe Neue Osnabrücker Zeitung) und das Hans Otto Theater Potsdam (ebenfalls bis zum 31. März, siehe Märkische Allgemeine) genannt, andere Lokalzeitungen berichten Ähnliches.

Dass die Lage in der Freien Szene ebenfalls nach wie vor kritisch ist, mahnt der Deutsche Schauspielverband an, wie auf berlin.de berichtet wird. Unter dem Begriff "Künstlerisches Koma" fasst der Tagesspiegel die Gesamtsituation ebenso treffend wie resigniert zusammen.

"Irgendwie wird es wieder besser"

So weit, so anstrengend. Viele Menschen halten sich in diesen Zeiten an dem Gedanken fest, dass sich die Lage wieder ändern wird, und auch wenn Forschung und Impfungen sicherlich kein Wunderheilmittel sind, so können wir doch annehmen: Irgendwie wird es wieder besser.

Wie aber wird Theater in Zukunft aussehen, wenn der Ausnahmezustand endet – und vor allem, wie können wir Theater denken, wenn weder die zeitlichen Entwicklungen noch die Veränderungen im Denken der Menschen wirklich vorhersehbar sind?

In vielen Theatern wird es wohl zunächst einen "Premierenstau" abzubauen gelten, wie unter anderem die Neue Zürcher Zeitung thematisiert. In den letzten Monaten hielten viele Häuser eisern an ihren Proben ohne Aufführungen fest, weshalb unzählige ungespielte Inszenierungen im Vorratsschrank liegen, die früher oder später auch auf die Bühne gebracht werden wollen.

Junges Theater geht andere Wege - und inspiriert weitere Sparten

Das Junge Theater, wo Zukunftsorientierung, neue Wege und ein enger Draht zum Publikum quasi Teil der Spartenbeschreibung sind, geht vielerorts andere Wege als das "Proben auf Halde". Während die Junge Ulmer Bühne über Monate hinweg eine theaterübergreifende Streaming-Plattform aufgebaut hat, auf welcher abgefilmte Generalproben die Ausnahmen sind und vielmehr eigens entwickelte Theater-Film-Hybridformen präsentiert werden (zu finden unter theater-stream.de), nähern sich auch vielerorts die anderen Sparten dem Jungen Theater an. Hier und da wird sogar die Kinder- und Jugendsparte neu etabliert, so beispielsweise am Landestheater Schwaben. Einen Überblick über diese Entwicklungen finden wir in einem Artikel auf nachtkritik.

Und was kommt "danach"?

Jenseits von Premierenstau, Spartenannährungen und konkreten Versuchen gibt es auch viele Gedanken und Debatten zum Thema eines postpandemischen Theaters. So hat der NDR mit unterschiedlichen Akteuren der Szene über die Veränderungen im Denken und in den Interessen der Menschen sowie über die Frage, ob das Zeitgeschehen einer Verarbeitung auf der Bühne bedarf, gesprochen.

Abseits von Corona: Sanierung der Bühnen Köln wird immer teurer

Auch, wenn wir das Thema Corona derzeit auch in den Wochenrückblicken schlecht ausblenden können, wollen wir natürlich das, was nichts oder nur bedingt mit dem Virus zu tun hat, nicht außen vor lassen.

So zum Beispiel das Thema der Kölner Bühnen, deren schleppende und immer teurer werdende Sanierung sich jetzt noch länger hinzieht und noch etwas teurer wird, wie die Süddeutsche Zeitung zusammenfasst. Nun werden darüber hinaus auch noch die Personalstrukturen geändert: Die Oberbürgermeisterin hat eine Findungskommission für die Opernintendanz eingesetzt. Da jedoch der Posten des Generalmusikdirektors gegenüber der neuen Intendanz gestärkt werden soll, wird befürchtet, dass potenzielle Bewerber*innen dadurch abgeschreckt werden könnten; die FAZ stellt gar die provokante (und eher schwierig formulierte) Frage, ob der neue Intendant ein Kastrat werden solle.

Kleiner Depri-Exkurs in die Theatergeschichte gefällig?

Wem Corona alleine noch nicht reicht, um das ganze Wochenende in die Kissen zu schluchzen, sollte diese Artikel über das Theatersterben im Wien der 50er Jahre (siehe Der Standard) und die Brände im Mailänder Opernhaus (siehe Musik Heute) lesen. Oder sich daran erinnern, dass vor 25 Jahren das legendäre Opernhaus La Fenice in Venedig abbrannte. Wahlweise kann man sich aber auch freuen, dass alles wieder aufgebaut wurde.

Derweil wird neu besetzt und verlängert

Diese Woche wurden durch alle Bereiche des Theaters hindurch diverse Neubesetzungen und Verlängerungen öffentlich.

So wurde am Donnerstag bekannt, dass Manuel Schöbels Intendanzvertrag bei den Landesbühnen Sachsen um weitere fünf Jahre verlängert wird, wie in der ZEIT zu lesen.

Andere Leitungspositionen werden hingegen neu besetzt:
So wird Anna Luise Kiss neue Schulleiterin der Schauspielschule Ernst Busch in Berlin, nachzulesen in der Berliner Zeitung, während Ulrich Jagels laut Leipziger Volkszeitung Geschäftsführer der Bayreuther Festspiele wird. Darüber hinaus hat das Erzgebirgische Theater mit Jens Georg Bachmann einen Generalmusikdirektor gefunden, wie Musik Heute berichtet, und die bereits oben erwähnte geplante Jugendsparte des Landestheaters Schwaben wird unter der Leitung von Claudia Hoyer aufgebaut und geführt, berichtet Die Lokale Memmingen.

Abschied von Cicely Tyson und Bruce Kirby

Im Alter von 96 Jahren verstorben ist die US-amerikanische Schauspielerin Cicely Tyson, die nicht nur bekannte Filme und Serien prägte, sondern in den 60er Jahren das Rollenrepertoire für schwarze Frauen neu definierte. Ein Nachruf findet sich unter anderem in der FAZ.

Ebenfalls verstorben ist Bruce Kirby, der durch Serien wie "Kojak" und "Columbo" bekannt wurde. Bruce Kirby wurde 96 Jahre alt, wie der Focus berichtet.

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