"Klares Bekenntnis" in Österreich: Kulturbudget steigt
Gönnen wir uns Positives! Unsterblich den Eskapismus besungen hat Georg Kreisler in seinem Song „Blumengießen“ in den 70ern. Nehmen wir uns also ein Vorbild und freuen uns nicht nur am „Immergrün“, sondern auch daran, dass das Kulturbudget Österreichs um 7,8% steigt und mithin sogar über die Inflation hinaus der eine oder andere Schilling (Verzeihung, Euro) zusätzlich in den Bundestheatern landet. Genauer: eine Erhöhung der Basisabgeltung um 7,23 Millionen Euro.
Toll! Die Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer jubelt entsprechend und mit Recht. Für sie stellt die Steigerung des Kunst- und Kulturbudgets ein klares Bekenntnis zu einem wichtigen Bereich der Gesellschaft dar. "Noch nie wurde in Österreich so viel Geld in Kunst und Kultur investiert wie unter dieser Bundesregierung - und das ist gut und richtig so“, lässt sie sich zitieren und nennt auch noch die Fair Pay Initiative für den Kulturbetrieb, die nun "ordentlich weitergeführt" werden könne.
70 Jahre Deutscher Musikrat: Keine Feinde, solange die Musik anhält
Ebenso erfreulich ist, dass der Deutsche Musikrat bereits seit siebzig Jahren eine feste Größe des deutschen Musiklebens ist, mit seiner Verbandsarbeit und seinen Projekten immer wieder Akzente setzt und sich zum Geburtstag mit einem vierstündigen Konzertmarathon im Kammermusiksaal der Philharmonie beschenkte. Dass der Moderator Maximilian Maier in seiner Eingangsmoderation den Komponisten Paul Hindemith zitierte, der weise analysierte: „Menschen, die gemeinsam Musik machen, können keine Feinde sein - zumindest nicht solange die Musik anhält“, führt uns bedauerlicherweise weg von Freudenmeldungen.
"Lautes Schweigen": Künstler*innen zum Terror der Hamas
Keine Leerstelle soll da gelassen werden, wo der Präsident des „Zentralrats der Juden in Deutschland“ „lautes Schweigen“ der deutschen Künstler*innen wahrnimmt. Der ehemalige Generalmusikdirektor der Berliner Staatsoper Daniel Barenboim hatte zuvor bereits ein Statement auf Instagram veröffentlicht, das unmissverständlich den Terror der Hamas verurteilt:
„Hamas’ attack on the Israeli civilian population is an outrageous crime, which I condemn fiercely. The death of so many in southern Israel and Gaza is a tragedy that will loom for a long time to come.“
Und am Gorki Theater wurde die Wiederaufnahme von Yael Ronens Stück „The Situation“ aus dem Jahr 2015 unter dem Eindruck der terroristischen Angriffe abgesagt und argumentiert:
„Der Angriff der Terrororganisation Hamas auf Israel stellt uns auf die Seite Israels. Die Hamas nahm unschuldige israelische Zivilist*innen als Geiseln und die Hamas nimmt die bereits seit Jahren durch Menschenrechtsverletzungen gebeutelte palästinensische Zivilbevölkerung selbst in Geiselhaft.“
Gut, dass eben nicht nur geschwiegen, sondern auch deutlich Position bezogen wird.
Erschüttertes Vertrauen: Haushaltskürzungen statt Erhöhungen in NRW...
Was Österreich so freudig verkündet, auf Länder- und Kommunalebene in Deutschland muss es erst einmal ein ferner Traum bleiben. Nehmen wir zum Beispiel den Kulturetat in NRW: Da waren satte Erhöhungen um 30 Millionen Euro in den Blick genommen worden. Im Haushaltsentwurf stehen aber nun tatsächlich Kürzungen in der Größenordnung von 7,5 Millionen. Dadurch sieht die Gewerkschaft vor allem auch die im Koalitionsvertrag in Aussicht gestellten Mindesthonorare (in Österreich heißt das - wir erinnern uns - "Fair pay" und kann „ordentlich weitergeführt" werden) als Grundlage für Förderungen in Gefahr. „Das erschüttert das gerade gewonnene Vertrauen vieler Kulturschaffender sowie kulturbegeisterter Menschen in eine zukunftsgerichtete Kulturpolitik“, urteilt die Gewerkschaftssekretärin für Kunst und Kultur bei ver.di NRW, Sarah van Dawen-Agreiter.
...und Einschnitte bei Förderungen in Berlin
Nicht besser (aber ebenfalls noch nicht hoffnungslos) in Berlin, dort sieht das Streichkonzert aktuell massive Einschnitte bei der Förderung freier Ensembles vor. „Statt spartenübergreifend ausreichend Mittelaufwüchse für die initiale Einrichtung und Einhaltung von Honoraruntergrenzen bereitzustellen, sieht er im Musikbereich zusätzlich sogar Kürzungen in den Förderetats vor! Sollte im Haushalt 24/25 keine substantielle Nachbesserung im Bereich Musik erfolgen, droht eine weitere faktische Absenkung der Honorare von Musiker:innen in der öffentlichen Förderung“, analysiert der DACH Musik Berlin.
Bleibt zu hoffen, dass die Haushälter*innen in beiden Ländern noch mal nachrechnen und Kulturakteur*innen und Kulturpolitik überzeugend darstellen, dass sie einen wichtigen Teil beitragen zum gesellschaftlichen Zusammenhalt.
Ein Blick in die Kommunen gefällig?
Besser wird es da auch nicht. Exemplarisch sei hier Konstanz genannt, wo Theater und Orchester mit massivsten Sparvorgaben konfrontiert werden und der Südkurier die Lage von Schauspiel und Orchester – zwar mit Verweis auf eine eher diffuse Quellenlage, aber in der Sache scharf – analysiert, und das Theater selbst auf Social Media eine #RetteDieWerkstatt Kampagne gestartet hat.
Bühnenverein und Gewerkschaften nehmen Verhandlungen wieder auf
Man redet wieder miteinander beim Deutschen Bühnenverein und den NV Bühne-Gewerkschaften GDBA, VdO und BFFS. Das ist doch was! Schon im November wollen sie sich wieder zu Tarifverhandlungen zum Thema Arbeitszeit zusammensetzen und haben dies in unabhängigen Pressemitteilungen bekannt gegeben. Die Gewerkschaften sagen´s so, der Bühnenverein so.
Persönliches sei auch noch berichtet.
Beef gibt’s an der Musikhochschule Hannover (leider hinter der Bezahlschranke der HAZ): Philipp Ahner wurde im Juli 2023 vom Senat zu Präsidenten gewählt, nun scheint das Verfahren nach Protesten gestoppt.
Unzweifelhaft ist eine andere Personalie in Hannover: Dominik Deuber wurde vom NDR zum neuen Organisatorischen Leiter der NDR Klangkörper berufen, wie die Kieler Nachrichten verkünden.
Gestorben ist der Bühnenbildner Roy Spahn. "Wir haben einen liebenswerten Kollegen verloren und die Theaterwelt einen großartigen Künstler", trauert das Theater Krefeld Mönchengladbach, für das er aktuell noch das Bühnenbild für den „Fliegenden Holländer“ entworfen hatte.