Wochenrückblick #31/23

Perfide Förderpläne und weit überschrittene Grenzen

Published on 5. Aug 2023

Wochenrückblick #31/23

Perfide Förderpläne und weit überschrittene Grenzen

Published on 5. Aug 2023

Welche Sorgen das Theater in Göttingen plagen, warum in Nürnberg weiter um den Opernstandort gestritten wird, wer sich erneut mit einer Klage (und möglichem Hausverbot) konfrontiert sieht - und welche Theater die Sieger der Saisonbilanz 22/23 sind.

Göttingen: Adieu Planungssicherheit!

Am Deutschen Theater in Göttingen sorgt man sich aktuell um die finanzielle Unterstützung durch das Land. Es sind zwar 2,9 Millionen Euro bewilligt worden, u.a. zur Tariferhöhungsfinanzierung - allerdings nur für das Jahr 2023. Wie Kulturminister Falko Mohrs (SPD) mitteilt, seien "die getroffenen Absprachen für die Folgejahre nicht zu halten", so die HNA. Die CDU-Landtagsabgeordnete Carina Hermann hingegen merkt an, dem Theater werde damit jegliche Planungssicherheit genommen. Zudem kritisiert sie die Kommunikation von Seiten des Kulturministeriums: Es wirke, als habe man das Theater vor der Ankündigung Mohrs "mit warmen Worten möglichst lange ruhig halten" wollen, "damit es nicht zu Protesten aus der Branche kommt".

Nürnberg: Doch keine Oper auf dem Reichsparteitagsgelände?

Wie der Stern berichtet, lehnt die Stadt Nürnberg einen langfristigen Umzug der Staatsoper auf das ehemalige Reichsparteitagsgelände ab. Eine Rückkehr an den ursprünglichen, im Stadtzentrum gelegenen Ort stehe außer Frage, so Kulturbürgermeisterin Julia Lehner (CSU). Der ursprüngliche Standort besitze nicht nur Tradition, sondern hätte auch den Vorteil der räumlichen Nähe der unterschiedlichen Sparten zueinander. Auch Intendant und Operndirektor Jens-Daniel Herzog sieht einen möglichen Umzug kritisch.

Kulturstaatsministerin Claudia Roth hatte sich zuvor für den dauerhaften Umzug der Staatsoper Nürnberg in den Innenhof der ursprünglich von den Nazis erbauten Kongresshalle ausgesprochen. "Wenn es die Oper schafft, diesen Wahnsinns-Ort am Reichsparteitagsgelände erfolgreich zu bespielen, [...] ist das ein Sieg der demokratischen Kultur. Das wäre ein starkes Signal weltweit", so ihre Worte. Geplant ist derzeit, dass die Kongresshalle künftig von Staatstheater und der freien Szene gemeinsam genutzt wird.

Kinderpornografie: Erneute Klage gegen Pekny

In München hat die Staatsanwaltschaft erneut Klage gegen Thomas Pekny, den ehemaligen Intendanten der Komödie im Bayerischen Hof, erhoben. Im Juli 2021 wurde Pekny vom Vorwurf schweren sexuellen Missbrauchs freigesprochen, da kein Tatnachweis geführt werden konnte (Theapolis berichtete). Im laufenden Verfahren ist Pekny wegen mehrfachen Abrufens kinder- und jugendpornografischer Inhalte angeklagt. Derzeit wird ein Hausverbot geprüft, wie Innegrit Volkhardt, Chefin des Hotels "Bayerischer Hof", in dem sich das Theater befindet, der Münchner Abendzeitung mitteilt. Bis zum Abschluss des Verfahrens gilt jedoch die Unschuldsvermutung.

Saisonbilanz 22/23: Mehr spartenübergreifende Projekte

Die "Deutsche Bühne" hat die Saisonbilanz für 2022/23 des Deutschen Bühnenvereins veröffentlicht. Befragt wurden dafür 54 Autor*innen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. Auffallend ist, dass die Tendenz immer mehr in Richtung spartenübergreifender Projekte geht. Als "Gesamtsieger" gehen aus der Umfrage die Bühnen Frankfurt, das Staatstheater Stuttgart und das Staatstheater Nürnberg hervor, die in den unterschiedlichen Kategorien am häufigsten genannt wurden. Als kleines Haus wird das Theater Regensburg am öftesten erwähnt. Unterteilt wird in insgesamt zehn Kategorien, u.a. beste Gesamtleistung großes bzw. kleines Haus, Schauspiel, Musiktheater, Ballett/Tanz, Junges Theater, Bühne / Kostüme / Video / Sound.

Kulturelle Brücken gebaut: Opus Klassik geht an Herbert Blomstedt

Der Dirigent Herbert Blomstedt hat den Opus Klassik für sein Lebenswerk erhalten. Der 96-jährige, der als Sohn schwedischer Eltern in den USA geboren wurde, steht bereits seit den 1950ern auf der Bühne. Zwischen 1975 und 1985 war er Chefdirigent und schließlich auch GMD der Sächsischen Staatskapelle Dresden. Von 1998 bis 2005 leitete er das Leipziger Gewandhausorchester.

Positiv hervorgehoben wird im Rahmen der Auszeichnung auch Blomstedts Engagement für die Förderung von Nachwuchskünstler*innen und dass es ihm gelang, "kulturelle Brücken zu bauen". Beim Opus Klassik handelt es sich um den Nachfolgepreis des Echo Klassik (1994–2017). Näheres - auch zu weiteren Preisträger*innen - kann man bei BR Klassik erfahren.

Abschied

Der Schriftsteller Martin Walser ist im Alter von 96 Jahren in Überlingen am Bodensee verstorben. Walser galt als einer der wichtigsten - und vermutlich auch streitbarsten - deutschen Schriftsteller der Nachkriegszeit. Walser, der nach dem Zweiten Weltkrieg u.a. Literaturwissenschaft studiert hatte, veröffentlichte nahezu jedes Jahr ein neues Buch, zuletzt 2022 "Das Traumbuch. Postkarten aus dem Schlaf". Als eines seiner bekanntesten Werke gilt "Ein fliehendes Pferd". Näheres beim ZDF.

Auch der US-Schauspieler Mark Margolis ist "am Donnerstag nach kurzer Krankheit in einer New Yorker Klinik gestorben", wie tagesschau.de meldet. Den meisten dürfte er vor allem als Hector Salamanca in "Breaking Bad" in nachhaltiger Erinnerung geblieben sein - eine Rolle, die er auch im Spinoff "Better Call Saul" verkörperte und für die er u.a. 2012 mit einem Emmy ausgezeichnet wurde. Mark Margolis wurde 83 Jahre alt.

Comments