Wer mit ungeklärten Abrechnungen für Schlagzeilen sorgte, welches die ausgezeichnetsten Theater der Woche sind, warum ein Kult-Marionettentheater um seine Existenz bangen muss - und ob die Frage "Was genau ist ein*e Intendant*in?" nun wirklich ein für allemal geklärt ist.
Über MenschenDer globale Klimastreik am Freitag hat bei den Theatern keine Welle der Solidarität ausgelöst und auch der Arbeitskampf bleibt dieser Tage eher den Beschäftigten des öffentlichen Nahverkehrs überlassen. Im Theater tut sich in erster Linie was in Sachen Personalia.
Während Theapolis-Kollege
Johannes Fast laut
Marler Zeitung im
Theater Marl auf schwimmenden Schränken herumdümpelt (soviel Werbung muss in einer weitestgehend skandalfreien Woche erlaubt sein…), geht man an der
Oper Florenz mit Pauken und Trompeten unter.
Alexander Pereira hat am Montag seinen Rücktritt als Intendant bekanntgegeben, wie unter anderem
BR Klassik berichtet. Der Schritt war absehbar und wohl begründbar: Gegen Pereira laufen mehrere
Ermittlungsverfahren wegen Veruntreuung und Geldunterschlagungen, die Liste seiner abgerechneten Spesen ist abenteuerlich und reicht von einem Restaurantbesuch in Ibiza bis zu einem Helikopterflug.
Weniger erhebliche Dimensionen hatten die Betrugsvorwürfe gegen den Intendanten des
Kultur.Sommer.Semmering,
Florian Krumpöck: Er und eine Mitangeklagte sollen dem Land Niederösterreich zwischen 2019 und 2021 zu hohe Rechnungen für Infrastrukturförderung vorgelegt haben. Von diesem Vorwurf wurde Krumpök nun allerdings
rechtskräftig freigesprochen und erwägt seinerseits rechtliche Schritte gegen den Urheber und Verbreiter des Betrugsvorwurfs, wie die
Wiener Zeitung weiß.
Eine gute Nachricht gibt es in Sachen Personalien auch zu vermelden: Das
Nationaltheater Mannheim hat einen neuen Hausautor.
Amir Gudarzi tritt in der Spielzeit 23/24 die Nachfolge von
Anastasiia Kosodii an, wie das Theater am Donnerstag auf seiner
Homepage bekannt gab.
Medienkünstler
Peter Weibel ist am Mittwoch im Alter von 79 Jahren verstorben, wie u.A.
im Spiegel zu lesen. Weibel wurde als junger Performer bekannt und leitete lange Zeit das Karlsruher Zentrum für Kunst und Medien.
Das Landestheater Niederbayern trauert derweil um Schauspieler
Klemens Neuwirth, der im Alter von 71 Jahren verstarb. Nachzulesen ist dies beim
Portal Head Topics. Klemens Neuwirth verkörperte im Laufe seiner Karriere mehr als 140 Rollen.
Verstorben ist auch der Bühnenbildner
Peer Palmowski, wie bei
Nachtkritik zu lesen. Er kam bereits am 5. Februar bei einem Unfall in Ägypten ums Leben.
Ausgezeichnet!Diese Woche wurden gleich mehrere Preisträger bekannt gegeben und ausgezeichnet.
Der
Preis der Deutschen Theaterverlage 2023 geht an das
ETA Hoffmann Theater Bamberg, wie die
Mainpost berichtet. Die Jury würdigt damit das kontinuierliche und konsequente Bekenntnis zur zeitgenössischen Dramatik; in der Spielplangestaltung spiegele „sich die Überzeugung, dass neue Stücke für die Beschäftigung mit drängenden Themen der Gegenwart unverzichtbar sind“.
Die musikalische Auszeichnung der Woche geht an das
Theater Bonn: Für das Forschungsprojekt FOKUS’33 gewinnt das Haus den
OPER! AWARD in der Kategorie „beste Wiederentdeckung“, wie am 27. Februar bei der Preisverleihung feierlich bekannt gegeben wurde und auf
bonn.de nachzulesen ist. Die Wiederentdeckung ist auch das Konzept des Projekts, das sich einer ganzen Reihe vergessener Werke aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts widmet.
Und nach den zwei Spielplanpreisen gab es diese Woche auch noch einen Design-Preis zu bejubeln: Das
Theater Magdeburg wurde für sein Plakatdesign ausgezeichnet – gleich sechs Motive sind unter den
„100 besten Plakaten 2022“ – einprägsame Illustrationen, absurd-fantasievolle Motive und viel Farbe, heißt es in der Begründung. Berichtet hat unter anderem der
Deutschlandfunk.
Spätfolgen der PandemieDie
Augsburger Puppenkiste ist Kult und den meisten von uns wohl aus dem Fernsehen bekannt. Was hingegen außerhalb Augsburgs kaum jemandem bewusst sein dürfte: Ein Großteil der Einnahmen des Marionettentheaters wird über Eintrittskarten und Spenden generiert. Das entwickelte sich wie für viele Spielstätten während der Corona-Pandemie zu einem Problem: 20 Monate lang blieb die Augsburger Puppenkiste geschlossen,
staatliche Förderungen flossen zwar, müssen aber nun möglicherweise zurückgezahlt werden – und auch wenn die Augsburger Puppenkiste nun wieder geöffnet hat, werden die geringen Zuschüsse von nur rund fünf Euro pro Eintrittskarte zunehmend zum Problem. In der
Augsburger Allgemeinen gibt sich Theater-Leiter
Klaus Marschall trotzdem optimistisch: Man werde einen Weg finden, nur wie der aussehe, wisse man noch nicht.
Zusammen arbeitenDie
Oper Leipzig und die
Hochschule für Musik und Theater Leipzig arbeiten schon von jeher zusammen; durch einen
Kooperationsvertrag soll die gemeinsame Arbeit nun auf ein neues Level gehoben werden. Wie die
NMZ berichtet, sieht die neue Vereinbarung die Konzeption internationaler Projekte, (auch wissenschaftlichen) Austausch und gemeinsame Projekte zum Thema „Nachhaltigkeit und Kultur“ vor; ergänzt wird dies in jeder Spielzeit durch einen projektbezogenen Vertrag und eine gemeinschaftliche Realisierung des Festivals Lortzing 2026.
Kleine Unterrichtseinheit zum SchlussWas ist eigentlich ein*e Intendant*in? Diese Frage stellt man sich im Theaterbetrieb vermutlich häufiger, als man zugeben würde – und außerhalb des Theaterbetriebs stellt man sich diese Frage zwar seltener, hat aber vermutlich noch weniger Ahnung.
Gut, dass der FOCUS diese Woche einen Praxistipp herausgegeben hat, der die Intendant*innenfrage ein für alle Mal beantwortet. Viel Vergnügen wünschen wir beim Realitätsabgleich – und wir berichten, wenn wir auch noch herausgefunden haben, was eigentlich ein*e Dramaturg*in ist.
Patrick Jech
Patrick Jech