Stendal: Premiere abgebrochen, Polizei ermittelt wegen Körperverletzung
Drei Schauspieler*innen rieben sich in der Inszenierung von Brecht-Erbin Johanna Schall eine ascheähnliche Substanz ins Gesicht. Das ging während der Proben auch immer gut. Nur am Tag der Premiere, dem 27.01.24, musste die Vorstellung in der Pause abgebrochen werden. Wie sich herausstellte, hatten die drei Darsteller*innen* zum Schock aller Beteiligten Verätzungen im Gesicht erlitten. Sie befinden sich derzeit in einer spezialisierten Klinik in Halle.
Zwar ermittelt die Polizei wegen des Verdachts der fahrlässigen Körperverletzung, doch Intendantin Dorotty Szalma betont im Gespräch mit dem mdr, sie könne sich keine kriminellen Absichten vorstellen. Weiter könne und wolle sie sich jedoch nicht äußern: „Das hat nichts mit Intransparenz zu tun, sondern es ist eine laufende Ermittlung. Und diese sollten wir nicht stören.“
Rostock: Betrugsvorwürfe gegen Geschäftsführung
Doch nicht nur in Stendal wurden polizeiliche Ermittlungen aufgenommen. Auch in Rostock hat das Volkstheater mit einem schweren Vorwurf zu kämpfen. Mitarbeitende der Geschäftsführung werden aufgrund einer anonymen Anzeige und diverser Zeugenaussagen des Betrugs während der Corona-Pandemie verdächtigt, berichtet der ndr. Allerdings stellen Theater und Staatsanwaltschaft die Sachlage unterschiedlich dar.
Das Theater teilt in einer Presseerklärung mit: "Beim Einsatz von Kurzarbeitergeld sollen statt öffentlicher Gelder der Stadt Mittel der Bundesagentur für Arbeit verwendet worden seien, so der Vorwurf." Die Sprecherin der Staatsanwaltschaft, Manuela Merkel, widerspricht jedoch dieser Darstellung: Es gehe „nicht um den 'Doppelbezug' von Geldern, sondern es gehe darum, dass das Theater Kurzarbeitergeld bezogen habe, aber weiter Vollzeit gearbeitet wurde.“ Dies dementiert das Theater wiederum: "Die Staatsanwaltschaft stellt infrage, dass Mitarbeiter des Volkstheaters überhaupt in Kurzarbeit waren. Diese Einschätzung ist für uns nicht nachvollziehbar. Der Betrieb war für alle erkennbar heruntergefahren."
Die Befragung der Mitarbeitenden steht noch aus, einige Räume des Theaters wurden jedoch bereits untersucht. Konkret richten sich die Ermittlungen gegen vier verantwortliche Mitarbeiter. Was letztlich dabei herauskommt, gilt abzuwarten.
Halle: Einbruch im WUK Theater Quartier
Auch die Werkstätten Und Kultur Theater Halle hatten die Polizei im Haus. Allerdings richten sich deren Ermittlungen nicht gegen das Theater, sondern gegen die Personen, die in der Nacht auf Mittwoch dort eingebrochen waren. Neben Bargeld wurden Bürotechnik, Kasseninventar, Theatertechnik und hochwertiges Film- und Studioequipment im Wert von 100.000 Euro gestohlen. Abgesehen von der krassen Verwüstung ist der heftigste Verlust wohl der Hauptrechner für die technische Betreuung, auf dem alle Dateien für die Bühnentechnik der Stücke gespeichert waren. Trotz des schweren Schlags hat sich das Theater dazu entschieden, die Vorstellungen wie geplant weiterlaufen zu lassen. So war bereits für Donnerstag danach die Premiere zu Kafkas „Der Prozess“ geplant. Hoffen wir, dass auch den Tätern ein solcher gemacht wird.
"Warum wird diese Frage überhaupt gestellt?" - Laurie Anderson verzichtet auf Folkwang-Professur
Erst kürzlich musste sich Ulrich Khuon, aktuell Interims-Intendant am Schauspielhaus Zürich, bezüglich seiner Beteiligung am Plädoyer des umstrittenen „Initiative GG 5.3. Weltoffenheit“ einige Fragen gefallen lassen. Jetzt verzichtet die renommierte US-Performance-Künstlerin Laurie Anderson auf eine Professur an der Folkwang Universität der Künste in Essen. Grund dafür ist die Tatsache, dass bekannt wurde, sie habe sich 2021 als Unterstützerin eines Aufrufs palästinensischer Künstler*innen mit dem Titel „Letter Against Apartheid“ öffentlich positioniert. Auf ihrer Homepage erklärt die Universitätsleitung, man habe den Dialog mit der Künstlerin gesucht, um herauszufinden „inwieweit das geplante künstlerische Projekt Andersons […] umzusetzen und eine ungestörte und konzentrierte Arbeit zum jetzigen Zeitpunkt möglich ist.“
Laurie Anderson selbst findet bezüglich ihrer politischen Haltung klare Worte: "Für mich stellt sich nicht die Frage, ob sich meine politischen Ansichten geändert haben. Die eigentliche Frage ist: Warum wird diese Frage überhaupt gestellt?" Die Universität hält dagegen: „Kunst, Kultur und Wissenschaft sollen […] die Orte bleiben, an denen die Grenzen des Diskurses aus Prinzip weit sind und die Kontroverse gepflegt wird. Jeder Form von Antisemitismus, Menschenhass und Rassismus tritt die Hochschule entschieden entgegen.“ Warum übrigens erst jetzt „bekannt wurde“, dass die Künstlerin sich 2021 „öffentlich“ positionierte, bleibt unklar.
Leitung
Nach dem vorzeitigen - nicht ganz unerwarteten - Abgang Uwe Eric Laufenbergs als Intendant am Staatstheater Wiesbaden (Theapolis berichtete) bekommt die Leitungsebene dort nun Verstärkung. Jack Kurfess unterstützt mit seiner 30-jährigen Leitungserfahrung in Kulturbetrieben die Geschäftsführende Direktion. Kunst- und Kulturminister Timon Gremmels sagt dazu auf hessen.de: „Ich freue mich, dass wir Jack Kurfess für diese Aufgabe gewinnen konnten. Er ist ein ausgewiesener Kenner der Theaterwelt und wird entscheidend dazu beitragen, die Situation am Staatstheater Wiesbaden zu stabilisieren“.
Felix Rothenhäusler wird Intendant am Theater Freiburg. Der Theater- und Opernregisseur wird zur Spielzeit 2025/2026 die Nachfolge von Peter Carp (Intendant von 2017-2025) antreten. Felix Rothenhäusler war nicht nur von 2012-2023 Hausregisseur am Theater Bremen, sondern ist auch Autor und Dozent. Mehr bei miz.org.
Oliver Brunner, designierter Intendant des Stadttheaters Ingolstadt (Anm. d. Red.: Warum er es mit dieser Position in unsere Berichterstattungs-Top-5 geschafft hat, erfährt man hier), hat sein Leitungsteam komplett, wie die Augsburger Allgemeine berichtet. Ab der Spielzeit 2024/2025 werden ihn Sonja Walter als Chefdramaturgin und Oberspielleiterin Mirja Biel tatkräftig unterstützen. Die gebürtige Hannoveranerin Sonja Walter wechselt vom Badischen Staatstheater Karlsruhe und freut sich darauf "[f]ür das Stadttheater einen Spielplan zusammenzustellen, der eine ganze Bandbreite unterschiedlicher Facetten von Theater für unser Publikum bietet […]“. Mirja Biel unterrichtet seit 2023 Schauspiel an der Universität der Künste in Berlin und freut sich auf die Begegnungen mit dem Ensemble: "Der Kern des Theaters ist Spiel. Und dieses hat die Chance, in Kontinuität und vertrauensvollem Dialog besonders zu wachsen."
Abschied
Der ehemalige Burgtheater-Direktor Achim Benning ist mit 89 Jahren verstorben. Bereits 1959 war er von Ernst Haeusserman als Schauspielschüler an die Burg geholt worden, blieb Ensemblemitglied, hatte 1972 sein Regiedebüt und war von 1976 bis 1986 Intendant des Hauses. Es ist unter anderem ihm zu verdanken, dass das Burgtheater viele zeitgenössische Autor*innen und Regisseur*innen anstellte, sowie Künstler*innen aus Osteuropa. Die Burg widmet ihm einen Nachruf.