Neuer Mustervertrag: Fair und auf Augenhöhe
Der Szenografie-Bund und das Netzwerk Regie haben mit dem Deutschen Bühnenverein einen neuen Mustervertrag für Solo-Selbstständige ausgehandelt. Allerspätestens seit der Pandemie habe sich "die Gefährdung und Prekarisierung der Solo-Selbstständigen" im Bereich der darstellenden Künste als offensichtlich erwiesen, schreibt das Netzwerk Regie auf seiner Website. Durch Inflation und die Anpassung der Gehälter der festangestellten Mitarbeiter*innen an den Theatern seien die der Freischaffenden jedoch "weiter im freien Fall". Darum sei eine vertragliche Grundlage umso wichtiger. Der Deutsche Bühnenverein hat nun den neuen Mustervertrag an die Mitgliedstheater verschickt, um so eine "Basis für vertrauensvolle Verhandlungen und faire Arbeitsbedingungen" zu erwirken. Auf der Webseite des Netzwerk Regie findet sich sowohl eine unkommentierte als auch eine kommentierte Fassung des kompletten Vertrags.
In einem Sondernewsletter verkündet der Szenografie-Bund:
"Der neue Mustervertrag des Bühnenvereins müsste richtigerweise heißen: Der neue Mustervertrag des Bühnenvereins und des Szenografie-Bundes und des Netzwerkes Regie. Denn er ist das Ergebnis der Verhandlungen und Arbeiten dieser drei Verbände und aus unserer Sicht und im Vergleich zum alten Mustervertrag nicht weniger als revolutionär, man könnte es auch die kopernikanische Wende der Bühnenwerkverträge nennen."
Im Newsletter des Netzwerks Regie heißt es wiederum:
"Wir haben unser Ziel erreicht, einen Gestus des Miteinanders und der Kooperation herzustellen. Damit gehören ärgerliche, juristisch veraltete Absurditäten und Drohgebärden aus den alten Verträgen hoffentlich der Vergangenheit an. Die Zusammenarbeit unserer Verbände ist dabei so revolutionär wie notwendig: Unser Arbeitsalltag gestaltet sich im Miteinander von Produktionsteams und Theaterleitungen, folgerichtig müssen sich auch unsere Verträge aufeinander beziehen und wurden deswegen gemeinsam ausgehandelt. Es besteht die realistische Hoffnung, dass sich dieser Vertrag künftig an vielen Bühnen in der Praxis durchsetzen wird. Denn auch wenn jede Partei hier und da Zugeständnisse machen musste, sind alle drei Verbände mit dem erreichten Ergebnis zufrieden."
Existenziell bedrohlich: Sächsische Theater fordern mehr Planungssicherheit
Da die höheren Personalkosten und die gestiegenen Energiepreise den sächsischen Theatern zunehmend Probleme bereiten, fordern sie von Seiten der Politik mehr finanzielle Planungssicherheit. Andernfalls könne es für einige Theater "existenziell bedrohlich werden". In diesem Zusammenhang wird auch über "Korrekturen am Sonderweg des Sächsischen Kulturraumgesetzes nachgedacht". Bereits im Juni ist ein Brief von sächsischen Theaterleitungen an Staatsregierung und Landtag geschickt worden.
Ministerpräsident Michael Kretschmer zeigt sich grundsätzlich kooperativ, noch wurden allerdings keine konkreten Hilfen zugesagt. Als benötigte Ausgleichssumme nennt Kretschmer 9 Millionen Euro. Der Intendant des Gerhart-Hauptmann-Theaters Görlitz-Zittau Daniel Morgenroth befürchtet: "Wenn jetzt das Land nichts macht, dann haben wir in drei Jahren Kultur nur noch in Leipzig und Dresden!"
Das Kulturraumgesetz, das 1994 verabschiedet wurde und nur in Sachsen gilt, besagt, dass die Orte der Kultureinrichtungen, die acht Kulturräume Sachsens und der Freistaat Sachsen sich die Kosten solidarisch teilen. Dies könne jedoch den Intendanten von Görlitz, Bautzen und Chemnitz zufolge dazu führen, dass es zu einer Konkurrenzsituation zwischen kleineren Einrichtungen und "Großverbrauchern" wie Theatern im jeweiligen Kulturraum komme. Näheres beim MDR.
"Es brennt" in München: Freie Szene befürchtet Theatersterben
In München haben Theater der freien Szene insgesamt 8 Brandbriefe mit dem Titel "Es brennt" an die Stadträte des Kulturausschusses gerichtet. In Anbetracht der aktuellen Situation befürchten sie ein Theatersterben und fordern darum eine Änderung der städtischen Förderung. Das Hauptproblem bestehe darin, dass aktuell nur projektweise von der Stadt gefördert werde, der laufende Betrieb der Theater und die damit verbundenen Kosten wie Strom, Miete, Personalkosten etc. jedoch keine Berücksichtigung finden.
Die Problematik ist schon seit Längerem bekannt: Im Jahr 1989 gab es in München noch 42 Privattheater, mittlerweile nur noch 19, so Lorenz Seib, Leiter des Tams-Theaters gegenüber der TZ. Die Stadt hatte schon eine Änderung des Fördermodells in Aussicht gestellt, jedoch ist diese aufgrund der finanziellen Haushaltslage aktuell nicht umsetzbar.
"Außerhalb des eng umrissenen Rahmens von Literatur": Sibylle Berg geht in die Politik
Die Autorin Sibylle Berg hat sich dazu entschieden, bei der EU-Wahl für Die PARTEI zu kandidieren, wie u.a. die Zeit berichtet. Berg ist neben Martin Sonneborn die zweite Spitzenkandidatin für die Wahl 2024. Wie die Autorin äußert, habe sie "einen Grad an politischem und gesellschaftlichem Unverständnis erreicht", sodass sie "gerne außerhalb des eng umrissenen Rahmens von Literatur aktiv werden möchte".
Betrieb zunächst eingestellt: Techniker der Royal Swedish Opera bei der Arbeit tödlich verunglückt
An der Royal Swedish Opera ist ein Bühnentechniker während seiner Arbeit aus großer Höhe gestürzt und dabei tödlich verunglückt, so die Mitteilung von Musik heute. Der Betrieb des Hauses wurde zunächst eingestellt. Der 55-jährige Mitarbeiter wurde von einem Rettungshubschrauber ins Krankenhaus gebracht, erlag dort jedoch seinen Verletzungen. Die Unglücksursache wird aktuell von der Polizei und der schwedischen Arbeitsschutzbehörde ermittelt. Laut der Royal Swedish Opera besteht kein Zusammenhang zwischen dem Unfall und einer notwendigen Sanierung des Hauses.
Leitung
Christian Thielemann wird der neue GMD Berliner Staatsoper Unter den Linden, so rbb24. Thielemann folgt damit auf den achtzigjährigen Daniel Barenboim, der von seiner Position aus gesundheitlichen Gründen zurückgetreten ist. Ab September 2024 wird Thielemann sein neues Amt antreten, da er aktuell noch einen laufenden Vertrag als Chefdirigent der Staatskapelle Dresden hat. Thielemann ist bereits mehrmals für Barenboim eingesprungen. Zuvor war Thielemann u.a. als GMD der Deutschen Oper Berlin und der Münchner Philharmoniker tätig.
Ausgezeichnet
Laut Kritiker*innenumfrage des Fachmagazins "Opernwelt" ist die Oper Frankfurt bereits zum 7. Mal als Opernhaus des Jahres ausgezeichnet worden. Die Oper zeichne sich durch ein "sicheres Gespür für einen dramaturgisch plausiblen, innovativen und abwechslungsreichen Spielplan sowie die Wahl der richtigen Regisseurinnen und Regisseure für die unterschiedlichsten Werke" aus, so die Begründung. Zum Orchester des Jahres wurde die Bayerische Staatsoper gewählt, Dirigent des Jahres wiederum Kirill Petrenko, der Chefdirigent der Berliner Philharmoniker. Weitere Auszgezeichnete gibt´s beim BR Klassik nachzulesen.
Abschied
Wie das Schauspiel Hannover in einem Nachruf mitteilt, ist der Schauspieler und Regisseur Dieter Hufschmidt im Alter von 88 Jahren verstorben. Hufschmidt war seit 1969 am Schauspiel Hannover engagiert und prägte die Kulturlandschaft Hannovers wesentlich. Für Beachtung sorgten u.a. seine Lang-Lesungen von Werken Musils und Prousts.
Manfred Raymund Richter, Leiter und Gründer des Stuttgarter Theaters im Zentrum, ist bereits Anfang September in seiner Wahlheimat Mallorca verstorben, so eine Pressemitteilung der Stadt Stuttgart. Bereits 1953 hatte Richter die Stuttgarter Jugendbühne gegründet. Zudem war er als Hausregisseur und Oberspielleiter in Bielefeld und Heidelberg tätig. 1970 gründete Richter die "Beratungsstelle für Jugendtheater und Schulspiel" in Stuttgart, die später zum Theater im Zentrum wurde. Mittlerweile wurde das Theater überführt in das "Junge Ensemble Stuttgart". Besonders hervorzuheben ist Richters Engagement für den Bereich Kinder- und Jugendtheater.