Wochenrückblick #36/21

Sie sind bereit, sie sind unerschrocken und - sie sind wieder zurück!

Veröffentlicht am 4. Sep 2021

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Wochenrückblick #36/21

Sie sind bereit, sie sind unerschrocken und - sie sind wieder zurück!

Veröffentlicht am 4. Sep 2021

Und... bitte! Mit welch unterschiedlichen Strategien die Theater die neue Spielzeit coronakonform eröffnen, wer warum welche hochdotierten und honorablen Preise abräumt und wie eine Legende sich neu erfindet: Ein Rückblick, in dem es nicht nur (!) um ABBA geht.

Neu an den Start

Der Theaterverlag mit seinen Publikationen "Theater Heute", "Opernwelt", "tanz", "Bühnentechnische Rundschau" sowie das Onlinemedium "Das TheaterMagazin" werden seit 1. September von der dfv Mediengruppe herausgegeben, wie der Verlag auf seiner Website mitteilt. Neue Eigentümer sind Thorsten Kutschke sowie die dfv Mediengruppe als Hauptgesellschafter. Der dfv zufolge bleiben alle Mitarbeiter*innen sowie der Sitz in Berlin erhalten. Die dfv Mediengruppe "gehört mit über 80 Fachtiteln, zahlreichen Veranstaltungen, Digitalangeboten und Fachbüchern für elf Wirtschaftsbereiche zu den bedeutendsten konzernunabhängigen Fachinformationshäusern Europas.

Mit dem Engagement erweitert der Fachverlag sein inhaltliches Spektrum um einen Bereich mit besonderer Bedeutung für das Gelingen von Bildung und Gesellschaft", heißt es auf der Homepage weiter. Der Theaterverlag entstand in seiner jetzigen Ausprägung Mitte der 90er Jahre, das Zentrum bildete das Magazin "Theater Heute".

Besonderes Frühlingserwachen auf Rügen

Nachdem der Festspiel-Frühling Rügen zwei Spielzeiten coronabedingt entfallen musste, freut man sich auf der Insel nun auf 2022 - "ein ganz besonderes Frühlingserwachen" ist dies für Intendantin Ursula Haselböck. "Mitwirkende sind unter anderem die Cellistin Josephine Knight, der junge Pianist Maxim Lando, die Neubrandenburger Philharmonie und der Schauspieler Sebastian Koch", weiß die Süddeutsche Zeitung.

Leitungswechsel

Merle Fahrholz geht zur Spielzeit 2022/23 bis 2027 als Intendantin ans Aalto-Musiktheater und die Essener Philharmoniker. Die Musikwissenschaftlerin ist derzeit stellvertretende Intendantin und Chefdramaturgin an der Oper Dortmund. Fahrholz war zuvor Dramaturgin für Musiktheater am Nationaltheater Mannheim, am Theater und Orchester Heidelberg sowie in Solothurn in der Schweiz. Außerdem hat sie Erfahrung bei den Berliner Philharmonikern, an der Semperoper Dresden und der Metropolitan Opera New York gesammelt, weiß "Die Zeit".

Spielzeitbeginn zu Corona-Zeiten

Die Spielzeit 2021/22 beginnt und wird unterschiedlich gehandhabt: Die Berliner Staatsoper unter Barenboim lädt zu kostenfreiem Open Air Genuss am 18. und 19. September, während Karin Baier am Deutschen Schauspielhaus in Hamburg  mit der "2-G-Regel" bei vollem Saal experimentiert, was in Hamburg auch das Schmidts Tivoli vor hat, das vor kurzem seinen 30. Geburtstag beging. Dort ist es allerdings erst ab 5. Oktober soweit, dass der Lappen für Geimpfte und Genesene vor vollen Rängen hochgehen kann.

Andernorts setzt man bewusst auf wenig Zuschauer, kleine Formate und setzt dafür 15 Premieren an - so beim Sorbischen National-Ensemble. Was sonst noch dort geplant ist, verrät der Stern.

Auszeichnungen

raumlaborberlin kann sich über den Goldenen Löwen der Architekturbiennale Venedig freuen, wie der Standard meldet. Das neunköpfige Team hat sich auch im Theaterkontext einen Namen gemacht, weiß das Nachrichtenportal nachtkritik und erinnert unter anderem an die ShabbyShabby Apartements, "mit denen Lilienthal zu Beginn seiner Kammerspiel-Intendanz 2015 das Münchner Publikum irritierte."

Der diesjährige Boy-Gobert-Preis geht an die Schauspielerin Maike Knirsch: "Maike Knirsch erobert sich den Bühnenraum wie eine Pionierin: unerschrocken, wagemutig und hellwach. Ihr Spiel ist von einer unbedingten Freiheit, voller Energie und zugleich von großer Selbstverständlichkeit. Sie bringt das Kunststück fertig, ganz im Moment zu spielen und ihrer Figur zugleich mit einem wohlwollenden Lächeln beim Spielen zuzusehen", heißt es dem NDR zufolge in der Laudatio. Der Preis der Körber-Stiftung ist mit 10.000€ dotiert und soll Schauspieler*innen am Anfang ihrer Laufbahn unterstützen. Die Auszeichnung, die auch schon Ulrich Tukur, Martin Wuttke, Susanne Wolff, Hans Löw, Gala Othero Winter und Steffen Siegmund erhielten, wird am 5. Dezember im Thalia Theater überreicht.

Martin Zimmermann erhält den Schweizer Grand Prix der Darstellenden Künste/Hans-Reinhart-Ring. "Seit mehr als 20 Jahren schafft er mit seinen Arbeiten ein eigenes Genre, das die Perspektive der Darstellenden Künste öffnet", heißt es auf der Homepage, auf der Nicole Seiler, das Ballet Junior de Genève, die Tanzfestivals Groove’N’Move und Breakthrough, Mathieu Bertholet, Tanya Beyeler, fleischlin/meser, Joël Maillard, Antje Schupp, Manuel Stahlberges, Jasmine Lorand sowie Alexander Giesche und Mirjam Gurtner nennt. Mehr zu den Auszeichnungen und den Preisträger*innen hier.

Die Autorin Amanda Lasker-Berlin erhält für ihr Stück "Ich, Wunderwerk und how much I love Disturbing Content" den mit 5.000€ dotierten Hermann-Sudermann-Preis. Der Hermann-Sudermann-Anerkennungspreis für Dramatik in Höhe von 3.000€ geht an Milena Michalek für ihren Text "Das hier".

Beide Auszeichnungen werden im Rahmen der Autor*innentheatertage des Deutschen Theaters Berlin am 5.9.2021 um 17.00 Uhr im großen Saal des DT vergeben. Lasker-Berlins Stück wird über die Auszeichnung hinaus am 4. September dort in Kooperation mit dem Schauspielhaus Graz uraufgeführt werden. Weitere Informationen finden sich auf der Website der Sudermann-Stiftung.

Ulrich Greb, der Intendant des Schlosstheaters Moers, wird mit dem Großen Kulturpreis der Sparkassen-Kulturstiftung Rheinland, der mit 30.000€ dotiert ist, ausgezeichnet. Greb "stehe für hohe künstlerische Innovation ebenso wie für die Auseinandersetzung mit aufkommenden gesellschaftlichen Themen“, zitiert der Deutschlandfunk den Stiftungsvorsitzenden Thomas Hendele. Der Große Kulturpreis wird seit 1989 an herausragende Künstler*innen bzw. Einrichtungen vergeben.

Und noch ein Intendant wird geehrt, wobei hier sein Schaffen als Autor im Vordergrund stehen dürfte: Steffen Mensching erhält den Thüringer Literaturpreis "für sein vielfältiges künstlerisches Werk", teilt die Thüringer Staatskanzlei, die den Preis gemeinsam mit der Sparkassen-Kulturstiftung Hessen-Thüringen verleiht, mit. Dieses umfasse "neben Lyrik mehrere Romane, Erzählungen, Kinderbücher, Reportagen, Lieder und satirische Texte". Mehr dazu in der "Zeit".

Abschied

Der Komponist Mikis Theodorakis ist am 2. September im Alter von 96 Jahren verstorben. Die Süddeutsche Zeitung würdigt den Künstler auch als Widerstandskämpfer und Volksheld in ihrem Nachruf: "Später, als er schon ein berühmter Komponist war und Griechenland von 1967 bis 1974 von der Plage einer Militärjunta befallen wurde, rettete ihn immer wieder ein Fingerschnippen, die Erinnerung an das geschmetterte Taram-Taram, die Anfangstöne des Sirtaki, erfunden für den tanzenden Alexis Sorbas alias Anthony Quinn. Zwei Töne, die die ganze Welt kennt. 'Ihr könnt mir gar nichts tun', sagte Theodorakis in jener Zeit zu seinen Peinigern, 'denn wenn ihr mich anrührt, wird euer System vernichtet, weil sich alle bei diesen zwei Tönen daran erinnern werden, dass ihr mich getötet habt.'"

Und zum Schluss

Sie sind wieder da: ABBA. Nach vierzig Jahren Pause legen sie nicht nur ein neues Album vor, sondern haben sich mit Mitteln der Technik neu erfunden: Sie werden als Hologramme in einer neuen Show und extra dafür gebauten Londoner Arena auf der Bühne stehen. Ist das die Erfüllung des Pop-Versprechens, ewig jung zu bleiben oder doch ein bisschen "drüber"? Der Spiegel hat sich den Livestream auf YouTube angesehen.

...und wer am kommenden Mittwoch noch nichts vor hat und überprüfen will, ob Macht und Literatur immer noch Antagonismus-Qualitäten haben, hier ein Veranstaltungs-Tipp: Frau Dr. Merkel und die Schriftstellerin Chimamanda Ngozi Adichie diskutieren im Theater Düsseldorf miteinander.

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