Auch in probenfreien Zeiten bricht der Spieltrieb durch. Deshalb stellt sich unser Wochenrückblick - passend zum heutigen Welttag des Theaters - selbst eine Aufgabe: Nicht über kulturellen Stillstand in der Coronakrise schreiben (und langsam scheint das tatsächlich möglich!). Challenge accepted – los geht’s.
Nachhaltigkeit. Ein wichtiges Thema auch im Theaterbetrieb, was jedoch (wie so viele gesellschaftliche Themen) jenseits von Inszenierungen zum Thema Klimawandel gerne vergessen wird. Oder wo wird schon nach der Klimaneutralität des Bühnenbildes oder dem Verbrauch an Kopierpapier in den Dramaturgieabteilungen gefragt? Umso begrüßenswerter, dass nun im Rahmen einer Masterarbeit eine Studie zu diesem Thema erstellt wurde, welche am Donnerstag auf kulturmanagement.net erstmals veröffentlicht wurde.
Machtmissbrauch am Theater ist gerade wieder (oder immer noch?) in aller Munde, nachdem Klaus Dörr Anfang letzter Woche nach entsprechenden Vorwürfen als Intendant der Volksbühne zurückgetreten war. Über das Thema erschienen zahlreiche Artikel, einen davon haben wir im vergangenen Wochenrücklick verlinkt – und ein weiterer Bericht soll hier hervorgehoben werden: Ein Interview in der taz mit den hfs Ultras, einem Kollektiv der Regiestudentinnen der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch, in welchem der solidarische und inspirierende Umgang der Studentinnen mit Sexismus im Theaterbetrieb deutlich wird.
Rassismus. Die Diskriminierungsmechanismen in künstlerischen Betrieben werden auch anhand der Rassismus-Vorwürfe deutlich, die in den letzten Tagen am Düsseldorfer Schauspielhaus hochgekocht sind: Der Schauspieler Ron Ighiwiyisi Iyamu machte seine erlebte rassistische Diskriminierung öffentlich, bald meldeten sich weitere Betroffene zu Wort, wie die Frankfurter Rundschau berichtet.
Dass das Theater ein Strukturproblem hat – das liegt angesichts solcher Vorfälle nahe. Auf den Punkt gebracht hat das diese Woche Sonja Anders, die Intendantin das Staatstheaters Hannover, in einem lesenswerten Gastbeitrag in der ZEIT.
Pilotprojekte und Modellversuche. Tübingen hat’s vorgemacht, Berlin hat nachgezogen: Schon im letzten Wochenrückblick war vom Pilotprojekt "Testing" die Rede, welches verschiedenen Berliner Spielstätten erlaubte, dank engmaschig getestetem Publikum auch in der Pandemie wieder zu spielen. Der zeitlich begrenzte Versuch ist nun angelaufen, das Publikum ist begeistert, wie unter anderem die BZ berichtet.
Oliver Reese, Intendant des Berliner Ensembles, fordert direkt einen neuen Kurs in der Coronapolitik (vgl. neues deutschland), auch Bürgermeister Klaus Lederer zeigt sich laut Tagesspiegel zufrieden. Zu diesem Zeitpunkt weiß er noch nicht, dass das Projekt am Ende doch ohne die Volksbühne stattfinden wird, die ihre Teilnahme am Mittwoch Abend aus Dispositionsgründen absagt (vgl. BZ). Aber auch ohne die Volksbühne wird das Projekt gut angenommen – und das funktioniert nicht nur in Berlin.
In Sachsen-Anhalt laufen seit dieser Woche in mehreren Städten (Magdeburg, Halle, Dessau-Roßlau) ähnliche Modellversuche, wie der mdr berichtet; auch in Kiel ist ein vergleichbares Pilotprojekt angesetzt, wie in den Kieler Nachrichten zu lesen.
Ganz ohne "Pilot-" und "Modell-" kommt das Volkstheater Rostock aus, geöffnet hat es aber trotzdem, wie der NDR weiß.
Und wo wir schon gerade bei stattfindendem Theater sind: Die Ruhrfestspiele gehören zu den Glücklichen – in welcher der drei geplanten Varianten, das bleibt abzuwarten, so die Süddeutsche Zeitung.
Menschen
Bleiben und Gehen sollen hier auch Erwähnung finden. Zu den Bleibenden gehört Andrea Gronemeyer, die laut Süddeutscher Zeitung als Intendantin der Schauburg München verlängert wird.
Selbiges gilt für Kay Metzger, dessen Vertrag mit dem Theater Ulm in die nächste Runde geht, so Musik Heute.
Einen neuen Intendanten hat hingegen das Theater Pforzheim gefunden: Markus Hertel wird hier die Nachfolge von Thomas Münstermann antreten, wie Musik Heute berichtet.
Nach Komplikationen bei einer Operation ist im Alter von 87 Jahren der US-amerikanische Schauspieler George Segal verstorben, der vor allem für seine Rolle in dem Filmklassiker "Wer hat Angst vor Virginia Woolf?" bekannt war; n-tv berichtet .
Auch die US-amerikanische Schauspielerin Jessica Walter, die mit Hollywoodfilmen wie "Grand Prix" berühmt geworden war, verstarb in der vergangenen Woche, wie im Spiegel zu lesen.