Fall Schweiger: "Lückenlose Aufklärung" gefordert
Til Schweiger ist wegen seines Verhaltens am Set in die Schlagzeilen gekommen, ein Bericht im Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" hat hohe Wellen geschlagen: Von Trunkenheit und physischer Gewalt ist die Rede, außerdem von emotionalen Ausbrüchen auch Kinder-Darsteller*innen gegenüber. Auch die Arbeitsbedingungen sind stark in die Kritik geraten.
Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Die Grünen) fordert nun lückenlose Aufklärung. "Die Kultur- und Medienbranche ist aufgrund ihrer Struktur offenkundig anfällig für Machtmissbrauch, für sexualisierte Übergriffe und auch für den Verstoß gegen Arbeitsschutzregeln", so Roth bei einem Pressegespräch der Themis. Die Vertrauensstelle Themis, an die sich Betroffene von Übergriffen wenden können, besteht seit 2018. Gegründet wurde sie auf Initiative des Schauspielverbandes BFFS von 17 Branchenverbänden, unter anderem vom Deutschen Bühnenverein.
Bundesregierung veröffentlicht Ergebnisse der Studie "Sexuelle Belästigung und Gewalt in den Kultur- und Medienbranchen"
Letzte Woche wurden nun auch die Ergebnisse einer von der Bundesregierung in Auftrag gegebenen branchenweiten Studie zu "Erfahrung und Erleben von sexueller Belästigung und Gewalt in den Kultur- und Medienbranchen" veröffentlicht. Sie beinhaltet Zahlen, die sowohl von der Themis als auch von anderen Verbänden erhoben wurden. An Umfragen haben sich bis zu 5.000 Personen beteiligt. Nun soll gehandelt werden. Seitens der Bundesregierung ist in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Kulturrat ein Aktionsplan vorgesehen.
Theapolis wird sich dieser Studie an anderer Stelle noch eingehender widmen.
Proteste gegen Netrebko
Die Maifestspiele am Staatstheater Wiesbaden sind den politischen Gefangenen weltweit gewidmet – für die Europa-Union ein Anlass, zu Protesten gegen die Opernsängerin Anna Netrebko aufzurufen. Mehrere hundert Demonstrant*innen waren dem Aufruf gefolgt. Bemerkenswerterweise spielten auch Musiker*innen des theatereigenen Orchesters bei der Demonstration, um anschließend ihren Vertragspflichten nachzukommen und auf die Bühne zu wechseln – gespielt wurde die Verdi-Oper "Nabucco". Netrebko habe "ihren 50. Geburtstag groß im Kreml gefeiert und sich nie eindeutig vom russischen Präsidenten Putin distanziert", so der Vorsitzende der Europa-Union Peter Niederelz.
Ganz korrekt ist das nicht – die FAZ hatte die Künstlerin im März 2022 mit einer eindeutigen Verurteilung des Krieges zitiert. Möglicherweise kam diese zu spät, um sich an sie zu erinnern – und eine Party im Kreml erweckt auch einen anderen Eindruck. Alles nur unglückliches Timing?
"Öffentlicher Aufruf zum Terrorismus"? Künstler*innen in Russland in Haft
Die Theaterregisseurin Schenja Berkowitsch und die Dramatikerin Swetlana Petrijtschuk sind in Moskau verhaftet worden. Vorgeworfen wird ihnen öffentlicher Aufruf zum Terrorismus. Den Künstlerinnen drohen mehrjährige Haftstrafen. "Erschüttert ist die regimekritische russische Kulturszene vor allem von der Schwere und zugleich Absurdität des Vorwurfs. Dieser bezieht sich auf das Theaterstück 'Finist, heller Falke', […] die Geschichte junger Russinnen, die übers Internet islamistische Männer in Syrien kennenlernen, heiraten und von dieser verzweifelten Suche nach Liebe enttäuscht werden. Das von Berkowitschs Frauen-Kollektiv 'Töchter Coco' aufgeführte Werk wurde im vergangenen Jahr in zwei Kategorien mit der 'Goldenen Maske', dem wichtigsten Theaterpreis Russlands, ausgezeichnet", so die NZZ.
Neuanfänge
Oliver Brunner soll 2024 Intendant am Theater Ingolstadt werden und damit Knut Weber ablösen. Der 53-jährige ist seit 2015 Schauspieldirektor am Staatstheater Darmstadt. Eine Findungskommission hat ihn aus 31 Bewerbungen ausgewählt, am 16. Mai stellt er sich dem Stadtrat vor. Zu Oliver Brunners künstlerischem Leitungsteam "werden eine Chefdramaturgin und eine Oberspielleiterin gehören. Als Wunschkandidatinnen hierfür nennt er Sonja Walter und Mirja Biel", weiß der Donaukurier.
An der Hochschule für Musik und Theater Rostock ist Komponist Benjamin Lange nun zum Rektor gewählt worden. Lange hat das Amt seit dem vorzeitigen Weggang seines Vorgängers bereits inne, nun wurde er in seiner Funktion bestätigt. Mehr beim NDR.
Hermann Sundermann-Preis: Kim de l’Horizon verzichtet auf Preisgeld
Die non-binäre Autorperson Kim de l’Horizon ist für ihr Kinderstück "Hänsel und Greta & The Big Bad Witch" mit dem Hermann Sundermann-Preis ausgezeichnet worden. Um auf die prekäre Situation gerade von Dramatiker*innen zu reagieren, verzichtet de l‘Horizon auf das Preisgeld in Höhe von 6.000 Euro.
Das Deutsche Theater dazu auf seiner Website: "Circa 80 Prozent der Autor: innen können heute noch nicht allein von ihrer schriftstellerischen Arbeit leben. Der Preis reflektiert diesen Umstand und sucht Schriftsteller:innen in ihrem literarischen Weg zu bestärken. Darin findet Hermann Sundermanns soziales Engagement seine Fortsetzung, der bereits 1928 mit einem großzügigen Legat notleidenden Kollegen zur Seite stand. Diese Tradition greift Kim auf, nimmt den Sudermann-Preis an, verzichtet aber mit Blick auf die soeben erhaltenen Preise (Deutscher und Schweizer Buchpreis) auf das Preisgeld von 6.000 Euro, das zusammen mit dem nächsten Sudermann-Preis vergeben werden kann.
Chapeau!"
Abschiede
Heidy Forster, langjähriges Ensemblemitglied am Münchner Residenztheater, ist 91jährig gestorben, wie das Theater mitteilt. "München und die Schweiz trauern", so die tz. Die gebürtige Baselerin hatte am Schauspielhaus Zürich ihr Debüt und spielte sowohl in Deutschland als auch in der Schweiz an vielen Häusern.
Der Regisseur Dominik Bender, Jahrgang 1957, ist bereits am 14. April nach langer, schwerer Krankheit verstorben, wie nachtkritik jetzt meldet. Bender hatte in Berlin das freie "Theater zum westlichen Stadthirschen" mitgegründet, seine Arbeiten als Schauspieler und Regisseur waren zu zahlreichen Festivals eingeladen.