Eisleben: Theatermitarbeitende demonstrieren, AfD blockiert Darlehensvertrag
Das mag jetzt nicht überraschend sein, aber deswegen nicht minder schlimm: Die Alternative für Deutschland hat im Kreistag und Stadtrat von Eisleben auf eine Zustimmung für einen Darlehensvertrag des dortigen Theaters verzichtet. Doch die gute Nachricht zuerst: „Kreistag und Stadtrat haben am vergangenen Mittwoch (14. Februar) und am Dienstag (20. Februar) einer Lösung zur Finanzierung des Hauses bis 2028 zugestimmt“, schreibt die Süddeutsche Zeitung. Drohte dem Theater Eisleben bis vor Kurzem noch die Insolvenz (wir berichteten), sieht der zuvor bereits ausgehandelte Theatervertrag „bis zum Jahr 2028 insgesamt 6,5 Millionen Euro Landesmittel vor“.
Zurück zur AfD. Leider. Der Kreisvorsitzende René Meiß kritisiert im mdr die Teilnahme von Theatermitarbeiter*innen an einer Demo gegen Rechtsextremismus, auf der - seiner Auffassung nach - auch offen die AfD kritisiert wurde. Dass die Demonstration sich aus Sicht von Intendant Ulrich Fischer* vielmehr FÜR Demokratie, Vielfalt, Toleranz und Menschenwürde und weniger GEGEN die AfD aussprach, ist Meiß offensichtlich egal. Für ihn steht fest: „Es kann nicht sein, dass Leute, die vom Staat […] bezahlt werden unter anderem, in ihrer Tätigkeit als Mitarbeiter gegen eine demokratisch gewählte Fraktion […] offen demonstrieren. Und wenn die das schon tun, können wir nicht dafür stimmen, dass die noch mehr Geld bekommen.“
Der Eisleber Intendant reagiert cool: "Wer bin ich denn, dass ich [...] Mitarbeiter maßregele? Bei uns kann jeder seine freie Meinung haben und auch äußern. Und bei so einer Demo ist es ja vielleicht nicht ungewöhnlich, wenn das jemand macht."
Die „Zauberflöte“ ist erst der Anfang: "Critical Classics" machen Oper diskriminierungsfrei
Viele grandiose Opern sind bekanntlich alt. Sehr alt. Dementsprechend vermitteln sie natürlich ein Weltbild, das zu unserem heutigen nicht mehr passt. Als Beispiel sei Fürst Sarastro aus Mozarts "Zauberflöte" zitiert, der meint, Männer müssten die Frauen leiten, weil diese sonst aus „ihrem Wirkungskreis zu schreiten pflegen“. Natürlich widerspricht ihm hier niemand. Im schlimmsten Fall nickt das Publikum. Damit dieses nicht mehr solch verstaubten Ansichten ausgesetzt wird, bräuchte es schon eine ganz neue Textfassung von Mozarts Oper. Und genau das ist es, was „Critical Classics“ getan haben: Ein hochkarätiges Team aus verschiedensten Bereichen - von Regie über Diversity-Beratung bis hin zu Sensitivity Reading - hat eine Version erschaffen, in der niemand mehr beleidigt wird. Das heißt: keine Opfer mehr im Zuschauer*innenraum. Auf der Bühne jedoch schon.
„Es geht uns nicht darum, den Werken ihre künstlerische Schärfe zu nehmen – ganz im Gegenteil: Wir möchten, dass sie genauso auf- und anregend erlebt werden können, wie zur Zeit ihrer Entstehung. Und so wie damals, ohne dass dabei Menschen im Publikum diskriminiert oder ausgeschlossen werden“, so Berthold Schneider, Initiator der Gruppe. Die „Zauberflöte“ ist erst der Anfang. Als nächstes plant Critical Classics Editionen von Bachs „Johannespassion“, Bizets „Carmen“ sowie „Madama Butterfly“ von Giacomo Puccini.
HAU und Volksbühne distanzieren sich: Fake-Plakataktion zum Nahostkonflikt in Berlin
„Fragst du dich, was du während des dritten Reichs gemacht hättest? Jetzt weißt du es! Genozid ist Genozid!“ steht groß auf Plakaten, die im Berliner Stadtraum verteilt wurden. Es sind Statements und Forderungen zum Nahost-Konflikt. Bunt, grell, im typischen Design und mit Namen der Volksbühne und des HAU – Hebbel am Ufer versehen. Problem: Beide Theater sind NICHT die Urheber dieser Aktion. Es handelt sich um Fakes. Beide Häuser distanzieren sich in der Berliner Zeitung davon.
Leitung
Der Nachfolger von Intendant Kay Voges am Volkstheater Wien steht fest: Jan Philipp Gloger wird die Leitung des Hauses ab 2025 übernehmen. Der Schauspiel- und Opernregisseur eröffnete 2012 die Bayreuther Festspiele mit seiner Neuinszenierung von „Der fliegende Holländer“. „Seit der Spielzeit 2018/19 ist er Schauspieldirektor am Staatstheater Nürnberg, das er, wie in der Pressekonferenz mehrfach betont wurde, zu einem ausverkauften Haus machte“, so berichtet es der Kurier. Am Burgtheater inszenierte er letztes Jahr „Die Nebenwirkungen“ von Jonathan Spectors, an der Volksoper 2022 die Millöcker-Operette „Die Dubarry“. Der Mann kennt sich mit der Wiener Gesellschaft also bereits bestens aus. Ein Kritiker von den „Nürnberger Nachrichten“ bemerkt: „Wenn man in Wien das notorisch nörgelnde und schwer verwöhnte Publikum auf seine Seite bekommt, dann hat man es irgendwie geschafft.“
Auch am Landestheater Niederösterreich gibt es einen Wechsel. Die Geschäftsführerin Olivia Khalil verlässt das Haus auf eigenen Wunsch Ende dieses Monats, Georg Kandolf folgt ab September 2024. „Aufgrund seiner bisherigen beruflichen Laufbahn bringt er die besten Qualifikationen mit, unseren so erfolgreichen Weg vor Ort und in der deutschsprachigen und internationalen Theaterlandschaft zu begleiten“, so die künstlerische Leiterin Marie Rötzer im orf.
Auszeichnungen
Der Dirigent Kent Nagano erhält den Bundesverdienstorden. Nagano ist nicht nur Generalmusikdirektor der Hamburgischen Staatsoper und Chefdirigent des Philharmonischen Staatsorchesters in Hamburg, er steht auch „für klassische Musik auf höchstem Niveau und vermittelt musikalische Begeisterung weit in die Gesellschaft hinein. Unermüdlich stärkt er den Stellenwert der Musik - in der Musikstadt Hamburg ebenso wie international.“ - So lobte ihn Kultursenator Dr. Carsten Brosda, als er ihm die Auszeichnung überreichte.
Der Berliner Theaterpreis geht dieses Jahr an die erst kürzlich 90 Jahre alt gewordene Nele Hertling. Hertling wird für ihre "Verdienste für das Theater und für die Gründung mehrerer Förderfonds und Netzwerke" geehrt, erfährt man auf tagesschau.de. Hertling war Dramaturgin, Kuratorin und Intendantin. Sie habe die radikale zeitgenössische Kunst und Künstler*innen ihr Leben lang gefördert und begleitet und dafür "Räume und Möglichkeiten, Kontinuitäten und Wirksamkeit geschaffen“, so die Begründung der Jury.
Abschied
Der ehemalige Generalintendant des Gelsenkirchener Musiktheaters im Revier (MiR) Ludwig Baum ist verstorben, wie die waz meldet. Baum habe das „MiR“ durch harte Zeiten gelenkt. Er sei hauptverantwortlich dafür gewesen, dass es nicht untergangen sei. Es sei ihm gelungen, „durch künstlerische Qualität und wirtschaftliches Geschick das Theater wieder auf Kurs zu bringen, die Besucherzahlen und die Einnahmen deutlich zu steigern." Baum war dem Haus lange nach seinem Abschied weiterhin eng verbunden und trat „immer mal wieder auch bei Lesungen auf, rezitierte Texte von Nelly Sachs oder Bertolt Brecht.“
*Fischer geht zum Ende dieser Spielzeit in den Ruhestand. Die Suche nach einer Nachfolge läuft noch. Die Stellenausschreibung findet sich hier.