Kaum etwas ist so mies gealtert wie die Glückwünsche zum Jahreswechsel 2019/20. Ich zum Beispiel habe in der Silvesternacht meinem besten Freund getextet: "Nächstes Jahr wird alles besser!!!" und das Video zu "This will be our Year" von den "Zombies" (ausgerechnet!) hinterhergeschickt.
Tja. Little did we know, sag ich mal.
Es hat einen ungewollt prophetischen Anstrich, dass Theapolis zum Jahresbeginn 2020 ausnahmsweise mal keinen "Das ändert sich dieses Jahr"-Artikel veröffentlicht hat. Den hätten wir ohnehin nur wenige Wochen später dem Museum stiften können. Die Dinge änderten sich so rasant, dass man mit dem Tippen kaum hinterher kam: Anfang Januar 2020 war COVID-19 hierzulande noch eher eine abstrakte Meldung als eine konkrete Bedrohung, bereits am 27. Januar wurde der erste Fall einer Infektion in Bayern bestätigt, am 22. März verhängte die Bundesregierung den ersten Lockdown, am 25. März stellte der Bundestag eine „epidemische Lage von nationaler Tragweite“ fest. Boing.
Das ist jetzt fünf Jahre her. Ein langer Zeitraum, so betrachtet: In fünf Jahren Amtszeit kann ein Bundespräsident ziemlich viele Hände schütteln und Verdienstkreuze anheften. Man kann in dieser Zeit ein Bachelorstudium absolvieren – und den Master noch dazu. Ein Kind, das im ersten Lockdown gezeugt wurde, ist heute in der schönsten Trotzphase, zählt bis 10 und versteht um die 3.000 Wörter. Zum Beispiel "Quarantäne".
"Dies ist meine erste Pandemie, ich übe noch!"
Andererseits – fünf Jahre? Das war aber doch alles gerade erst, wo zum Henker ist die Zeit geblieben? Unsere Spezies neigt ja dazu, mit leicht amüsierter Arroganz auf die Unbeschlagenheit vorangegangener Generationen herabzusehen: "Putzig, wie dumm die damals waren, haben ernsthaft geglaubt, man wird vom Masturbieren blind, haha, hihi – usw. usf." Aber, ehrlich gesagt: Wenn ich heute auf mich zu Anfang der Pandemie zurückblicke, was ja nur eine vergleichsweise knappe Zeitspanne ist, denke ich auch manchmal: "Himmel, war ich doof!" Auf so viel Unbekanntes musste man sich in kürzester Zeit einstellen, so viel musste man lernen, verstehen, sich irren, wieder verwerfen und neu lernen. Es war nun mal ein kompletter Ausnahmezustand. Frei nach Loriot: "Dies ist meine erste Pandemie, ich übe noch!"
Im ersten Lockdown waren die meisten noch relativ zuversichtlich, genossen sogar die "Entschleunigung", die leeren Straßen, die wieder erwachende Natur (ganz großes Thema damals: der verringerte CO2-Ausstoß und die klaren Kanäle von Venedig, hach ja!). Wir beeumelten uns über Klopapierwitze, Hamsterkäufe, gutgelaunte Corona-Mariachi auf YouTube und Memes, Memes, Memes. Wir klatschten beherzt von Balkonen und musizierten in Hinterhöfen. US-Promis sangen uns in selbstreferentieller Besinnlichkeit aus ihren Luxusvillen entgegen und Big-Brother-Insass*innen aus ihrem Container. Aua. Aber naja – jeder tut, so viel er kann, nur nicht seinen Nebenmann (oder so ähnlich).
Hinein ins Rabbit Hole "Corona"!
Gerade weil so viel auf einmal passiert ist, und vielleicht weil unser Hirn froh ist, sich damit nicht mehr täglich beschäftigen zu müssen, ist vieles schnell in den Schlund des Vergessens gerutscht. Abstandsregeln, Aerosole, Inzidenzen, 1G, 2G, 3G, 3G+, AHA, FFP2 – hä? Wie war das noch?
Die Suchfunktion auf Theapolis eignet sich ganz hervorragend, um nochmal richtig schön im Rabbit Hole "Corona" zu verschwinden und Gedächtnislücken wieder aufzufüllen. Los geht´s, eine kleine Auswahl:
Insgesamt 72 News mit dem Stichwort "Corona" sind auf Theapolis erschienen, die letzte am 21. Jun 2024. Vier News enthalten das Stichwort "Covid", die letzte erschien am 31. Jan 2022, die letzte von 24 News mit dem Stichwort "Pandemie" am 23. Sep 2023.
Zusammenhalt, Solidarität, ein gutes Netzwerk und Kreativität
Wir können Krisen nicht vermeiden. Auch die Pandemie hat Spuren hinterlassen, an denen wir uns noch heute abarbeiten. Aber nimmt man sich einmal die Zeit, all diese alten Meldungen durchzuscrollen, bleibt doch ein Gefühl von: Es wurde ganz schön viel in ziemlich kurzer Zeit auf die Beine gestellt, um den Laden am Laufen zu halten. Und: Zusammenhalt hilft. Solidarität hilft. Ein gutes Netzwerk hilft. Kreativität hilft. Außerdem: Die Zahlen in der aktuellen Theaterstatistik stimmen vorsichtig optimistisch. Letztlich kommt es doch darauf an, aus Krisen zu lernen – und weiterzumachen.
Sind wir heute, fünf Jahre nach dem ersten Lockdown, klüger? Immerhin wissen wir jetzt alle, wie man einen Nasenabstrich macht, wie viele "Happy Birthday" man beim Händewaschen singen muss und dass korrektes Niesen in der Armbeuge stattzufinden hat. Oder? Vielleicht auch nicht. Weil – ich weiß nicht, ob ich´s schon erwähnt hatte: Der Mensch vergisst ja so schnell.
Auch das gehörte zur Pandemie: Lustige Aushänge an Schaufenstern, wie hier am Antiquariat "Bücherhalle" in Berlin-Schöneberg 2020 (c) Karen Suender