Wochenrückblick #27/22

Grenzüberschreitungen - normal? Überschwemmungen - fatal!

Veröffentlicht am 2. Jul 2022

Wochenrückblick #27/22

Grenzüberschreitungen - normal? Überschwemmungen - fatal!

Veröffentlicht am 2. Jul 2022

Wie sich die Gewerkschaften im Tarifstreit doch noch einigen, warum eine Schauspielerin zu drastischen Protestmaßnahmen gegen die Münchner Justiz greift und wie über die Bespielbarkeit zweier Bühnen entschieden wird – mal durch ein Expertengremium, mal durch die Sprinkleranlage.

Tarifverhandlungen: endlich einig

Heißa, ein Grund zum Feiern! Manch eine*r wird schon gar nicht mehr daran geglaubt haben, aber jetzt ist es vollbracht: Die Künstler*innengewerkschaften und der Deutsche Bühnenverein haben sich in der vierten Verhandlungsrunde auf eine neue Gagenregelung für Solobeschäftigte und Bühnentechniker*innen geeinigt. Unter anderem wurde eine Erhöhung der Mindestgage in zwei Stufen auf 2.715 Euro beschlossen. Anstatt Pressemitteilungen und Statements hier gesondert zu verlinken, sei hier auf das Theapolis-Interview mit Lisa Jopt verwiesen, unter dem sich noch eine ganze Sammlung interessanter Links findet.

MeToo: noch lange nicht vorbei

Eine überwältigende Mehrheit von 80 Prozent aller Filmschauspieler*innen haben in Bezug auf Nackt- oder Sexszenen am Filmset bereits Grenzverletzungen erlebt. Das geht aus einer am Donnerstag veröffentlichten Studie des Bundesverbands Schauspiel (BFFS) hervor, wie u.a. der WDR berichtet. Die komplette Studie kann auf der Homepage des BFFS selbst eingesehen werden.

Dass in einer Kultur, in der Grenzüberschreitungen schon im Arbeitsalltag zur Tagesordnung gehören, Grenzen auch in anderen Situationen missachtet oder massiv verletzt werden, ist spätestens seit der MeToo-Debatte im öffentlichen Bewusstsein angekommen. In Deutschland war Regisseur Dieter Wedel der erste, der sich in diesem Rahmen mit Vergewaltigungsvorwürfen konfrontiert sah, unter anderem durch die Schauspielerin Jany Tempel. Juristisch ist er seitdem nicht belangt worden, allein schon die Entscheidung über die Zulassung der Anklage steht seit über einem Jahr aus. Aus Protest dagegen hat Tempel nun angekündigt in den Hungerstreik zu treten, wie die FAZ berichtet. Bleibt zu hoffen, dass sich diese Maßnahme am Ende im Verfahren wirklich positiv auswirkt.

Spielstätten: historisch heikel oder leider beschädigt

Die Diskussionen über die Ausweichspielstätte der Nürnberger Oper rissen lange Zeit nicht ab: Darf ein Theater auf dem ehemaligen Reichsparteitagsgelände spielen? Und wenn ja – wo am besten? Um nicht nur den technisch besten Ort zu finden, sondern auch mit der historischen Bedeutung des Nazi-Baus angemessen umzugehen, wurde zuletzt ein Fachgremium eingesetzt. Dieses hat nun eine Empfehlung ausgesprochen: Die Bühne soll in den Innenhof gebaut werden, so berichtet der BR.

Währenddessen hat das Theater Aachen aus ganz anderen Gründen für den Rest der Spielzeit keine Spielstätte mehr: Bei einer Überprüfung der Sprinkleranlage entstand ein Wasserschaden, der die Große Bühne für den Rest der Spielzeit lahmlegt, wie das Magazin Klassik berichtet. Ein ähnlicher Unfall hatte sich zuletzt im Theater Hof ereignet. Das einzige Glück im Unglück ist wohl, dass das Spielzeitende bereits in greifbarer Nähe ist und in Aachen deshalb "nur" fünf Vorstellungen ausfallen müssen.

Festivals, Verlängerungen und Todesfälle

Das Internationale Festival Theaterformen hat am Donnerstag in Braunschweig eröffnet – und im Gegensatz zu vielen anderen Festivals ist es beim Erscheinen des Wochenrückblicks nicht fast schon wieder vorbei: Bis zum 10. Juli werden Produktionen aus insgesamt 12 Ländern gezeigt. Einige Details gibt es in der Süddeutschen.

Von der Leitungsfront gibt es diese Woche hingegen nicht viele Neuigkeiten, die Saison der Intendanz-Findungsverfahren ist im Juli schon vorbei – nur die Uckermärkischen Bühnen Schwedt preschen diese Woche vor und verlängern den Vertrag von Intendant André Nicke frühzeitig bis 2029, wie der Nordkurier berichtet.

Am Donnerstag ist der Schauspieler, Sprecher, Sänger und Autor William Cohn "plötzlich und unerwartet", wie die Tagesschau meldet. Cohn war vor allem als Ansager und Sidekick von Jan Böhmermann in der damaligen ZDFneo-Sendung "Neo Magazin Royale" bekannt geworden, allerdings konnte er zuvor bereits auf eine langjährige Karriere als Schauspieler, Sprecher, Sänger und Autor zurückblicken. Er wurde 65 Jahre alt.

Zudem wurde bekannt, dass vergangenen Dienstag der österreichische Theaterregisseur Hans Hollmann im Alter von 89 Jahren verstorben ist. Ein Nachruf findet sich in der Wiener Zeitung.

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