Gründe für den kollektiven Rücktritt des bisherigen Vorstands um die 1. Vorsitzende Lisa Jopt - zu dem u.a. Sören Fenner, Anica Happich und Sebastian Rudolph gehörten - waren zum einen die Wahl von Lisa Jopt zur neuen Präsidentin der Genossenschaft Deutscher Bühnen-Angehöriger. Zum anderen hatten sich im Verlaufe der letzten Jahre aus dem ensemble-netzwerk heraus diverse "Sparten-Netzwerke" gegründet, wie z.B. das regie-netzwerk, das dramaturgie-netzwerk, das junge ensemble-netzwerk und das BIPoC-Netzwerk. Warum nicht also diese neuen Netzwerke auch mehr in die Gesamtverantwortung mit einbringen, dachte man sich. Und vielleicht war es nach über 5 Jahren im Amt auch einfach mal Zeit für eine Veränderung.
So kamen am 29.05. gut 100 Mitglieder (von insgesamt über 1.100) zu Jahresversammlung zusammen - online, versteht sich - um über die weiteren Geschicke der Interessenvertretung zu diskutieren und zu entscheiden.
Personenkult, Gewohnheitsrecht und ewige Amtszeiten verhindern
Einer kleinen Generalüberholung bedurfte zunächst die Vereins-Satzung. Dem neuen Vorstand sollte der Weg geebnet werden für einen leichteren Einstieg, und überhaupt gab es an der allgemeinen Vereinsstruktur noch manches zu vereinfachen.
So wurde beispielsweise entschieden, die Größe des Vorstands von vorher maximal 8 auf nun 12 Personen zu erhöhen - im Sinne einer besseren und effektiveren Arbeitsteilung. Außerdem darf ein Vorstandsmitglied nur noch höchstens 9 Jahre im Amt bleiben (vorher gab es keine Begrenzung), um "Personenkult, Gewohnheitsrecht und ewige Amtszeiten zu verhindern".
Die Vereins-Organe wurden auf Mitgliederversammlung und Vorstand begrenzt, Arbeitskreise und Beirat wurden gestrichen, um die Möglichkeit zu eröffnen, "im kommenden Jahr bis zur nächsten Mitgliederversammlung eine komplett neue Vereinsstruktur zu bauen, in der es neue Organe (z.B. Arbeitsgruppen, Abteilungen, usw.) gibt, die dem gelebten Vereinsleben entsprechen und die dementsprechend in die Mitwirkungsrechte und -pflichten des Vereins mit eingegliedert werden."
Alle Punkte der Satzungsänderung ernteten einhellige Zustimmung, allein zur Vielfaltsklausel gab es bereits im Vorfeld Kritik (zu genderfokussiert, zu wenig Augenmerk auf andere marginalisierte Personengruppen), weswegen beschlossen wurde, diesen Teil der Satzung bis zur nächsten Mitgliederversammlung gemeinsam besser auszuarbeiten.
Radikaler vielleicht, aber auch kraftvoll.
Mit dem neuen, für drei Jahre gewählten Vorstand könnte sich der Fokus künftig ein wenig verschieben - vom bisherigen Kampf für bessere Arbeitsverhältnisse mehr in Richtung Antidiskriminierung, Antimarginalisierung und noch mehr gegen Machtmissbrauch. Radikaler vielleicht, aber auch kraftvoll.
Die Zusammensetzung des Vorstands gibt das her: Sie ist weiblich, jung und divers. Von 11 Vorstandsmitgliedern zählen sich nur 2 dem männlichen Geschlecht zugehörig. Das mit Abstand älteste Vorstandsmitglied ist 56, drei sind in den Dreißigern, alle anderen jedoch deutlich jünger. Und - wie geplant - sind nun auch viele der anderen Netzwerke an oberster Stelle vertreten (nein, die HfMDK Frankfurt gehört nicht dazu, auch wenn die folgende Auflistung anderes vermuten lässt):
Thomas Schmidt, seines Zeichens Professor an der HfMDK Frankfurt/Main, der bereits dem alten Vorstand angehört hatte, entschied sich dafür, dem neuen weiterhin als Berater zur Verfügung zu stehen.
Wenn die neu gewählten Kolleg:innen gemeinsam mit allen Mitgliedern die Chance beim Schopf ergreifen und das große "Wir" nicht aus den Augen verlieren, könnte diese Konstellation eine große, innovative Wirkung entfalten - wir sagen auf jeden Fall: Herzlichen Glückwunsch und Toi Toi Toi!